Die Nacht endet um 04.58Uhr. Immerhin sind die Kinder gut gelaunt. Noch.

Ich setze das singende Eiliensche auf die Couch und erst da werde ich mir ihrer seltsamen Frisur gewahr. Ein Büschel Haare hat sich zu einer betonharten Filzmatte verdichtet. Diese erhebt sich keck in der Mitte ihres Kopfes und verleiht ihr einen coolen Punkerlook. Sie faselt etwas von einem Lutscher, aber den kann sie höchstens im Traum ins Bett geschmuggelt haben. Die Haare kleben, die Bettwäsche nicht. Unter fließendem Wasser und mit Seife und Schampoo versuche ich, die Haare in mühseliger Kleinstarbeit wieder zu entwirren. Tapfer lässt das Eiliensche die Prozedur über sich ergehen. Uns beide eint die Sorge, einen Teil ihrer dunkelblonden Locken opfern zu müssen.

Währenddessen macht das Ämmale dem Rumpelstielzchen Konkurrenz und verlangt lautstark nach einem „Joghi“. Siedendheiss fällt mir ein, dass wir am Vortag vergessen haben, Vanillejoghurt für die Mädchen einzukaufen. Zum Glück gibt sich das Ämmale mit Apfelkuchen und einem Smoothie zufrieden. Es wird ruhig. In beinahe meditativer Andacht wasche ich dem Eiliensche die letzten Schampoo- und Zuckerreste aus den Haaren. Die Tatsache, dass Stille in Gegenwart von Kindern nie ein gutes Anzeichen ist, verdränge ich in dem Moment geflissentlich.

Als wir ins Wohnzimmer kommen, hat das Ämmale  fünfzig Prozent des Kuchens mit größter Sorgfalt in den Teppich eingearbeitet und ihren Schlafanzug in einen pinken Batikoverall verwandelt.  Doch die triefende Nässe macht das schöne Äußere zunichte.

Weiter geht es damit, dass es draußen wie aus Gießkannen regnet. Wie passend. Überrascht stelle ich fest, dass meine Zweitgeborene den durchsichtigen Regenschutz für den Kinderwagen heute klaglos akzeptiert. Das Eiliensche hüpft voller Elan auf`s Buggyboard und die Welt scheint wieder in Ordnung. Beinahe entspannt treten wir den ohnehin kurzen Weg zum Kindergarten an. Als wir jedoch den Bäcker verlassen und gerade die Straße überqueren wollen, scheint das Ämmale seine Meinung über das Kinderwagen-Regencape schlagartig geändert zu haben. Wie besessen windet sie sich brüllend unter den Gurten und dem Bügel hindurch, bis sie grotesk verrenkt im unteren Drittel des Kinderwagens hängt und es dabei trotzdem noch schafft, dass Eiliensche mit ihren wütenden Tritten zu traktieren. Zwar versuche ich mein Bestes, sie wieder nach oben zu hieven. Doch erstens schiebt sie sich sofort wieder nach unten und zweitens kommen solche Positionierungsbemühungen auf offener Straße nicht so gut.

Zusätzlich zum Regen fließt nun auch noch der Schweiß in Strömen. Sogar im Kindergarten schaffe ich es nicht, das Ämmale von ihrem Tripp runterzubringen. Zornig wirft sie mit Gummistiefeln und anderen Tretern um sich und ich habe anschließend viel Spaß beim Schuhmemory.

Zum Glück ist das Eiliensche heute bis 14.00Uhr im Kindergarten. Das gibt dem Ämmale die Möglichkeit zu einem ausgiebigen Mittagsschlaf. Doch leider hat sie keine Lust, sich auf`s Ohr zu hauen. Beinahe eine Stunde versuche ich, das völlig übermüdete Kind zum Schlafen zu bewegen, doch das Ämmale weicht keinen Deut von ihrem „Ich-laufe-gerade-Amok“-Kurs ab.

Kaum ist das Eiliensche zu Hause, hüpft sie enthusiastisch durch die stattlichen Pfützen. Das Ämmale ist ebenfalls nicht zu bremsen. Tja, noch eine Kleinigkeit, die wir vergessen haben, zu kaufen: Gummistiefel. Die alten Stiefel vom Eiliensche sind leider noch zu groß. Auch wenn es unverantwortlich erscheint, lasse ich meine Einjährige mit ihren nicht wasserdichten Halbschuhen in die Pfützen springen. Ich bin gerade glücklich, weil sie es ist. Als ich sie dann zweimal umgezogen habe, versuche ich es doch mit den Gummistiefeln in Größe 23. Schließlich schafft es das Ämmale auch, mit meinen Schuhen in Größe 38 herumzulaufen. Und siehe da: Die Stiefel sind zwar nach wie vor viel zu groß und das Ämmale droht ein paar Mal, über ihre eigenen Füße zu fallen. Aber nach ein paar Minuten kommt sie mit den Riesenstiefeln zurecht. Auch dieses kleine Erfolgserlebnis wird sofort gerächt. Doch was sich das Eiliensche da geleistet hat, bleibt privat.

Als die Kinder später binnen weniger Minuten Teile des Parketts und der Möbel mit Wachsmalkreide verschönern, denke ich, dass das nun der Höhepunkt dieses seltsamen Tages sein müsse.

Doch es kommt noch dicker. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als ich mich um Mitternacht vom Sofa erhebe, um zuerst aufs stille Örtchen und anschließend ins Bett zu wandern, durchfährt mich ein stechender Schmerz, der von meiner rechten Ferse herrührt. Ich kann nicht mal ansatzweise auftreten. Bei näherem Hinsehen fällt mir auf, dass die Ferse heiss und stark geschwollen ist. Offensichtlich eine Schleimbeutelentzündung aufgrund von Überlastung. Und das direkt vor unserem Kurzurlaub in Südtirol.  Ich muss wirklich abnehmen. Und zwar dringend.

Als versöhnlichen Abchluss präsentiere ich Euch zwei der neuesten Werke des Eiliensche. Ausnahmsweise auf Papier, nicht auf Holz. 😉

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