In den vergangenen Monaten wurde ich schon mehrere Male mit der Frage konfrontiert, warum um alles in der Welt, ich meine Geschichte online und noch dazu in Form eines kostenlosen Blogromans veröffentliche.

Bereits mein ursprünglicher Plan, den Roman als Kindle-Ebook herauszubringen, bereitete einigen Leuten Bauchschmerzen. Nach wie vor sind viele der Ansicht, dass ausschließlich Verlagsautoren ernstzunehmende Schriftsteller seien und ich zumindest hätte versuchen sollen, mein Manuskript nach Fertigstellung einem renommierten Verlag anzudienen statt es im elektronischen Format und auf eigene Faust zu „verscherbeln“ oder  gar für lau anzubieten.

Diese klassische Variante wäre natürlich auch ein gangbarer Weg gewesen, aber die Frage ist, ob er tatsächlich jemals ans Ziel geführt hätte. So träumerisch ich auch veranlagt sein mag: Der Illusion, ausgerechnet mein Roman würde aus der gewaltigen Flut an täglich eingesandten Manuskripten gefischt werden, kann ich mich nicht hingeben. Diese wenig rosigen Aussichten, nur für mich und die Schublade zu schreiben, hätten meine Motivation sofort im Keim erstickt.

Kurz bevor mir die Idee für meine Geschichte begegnete, habe ich darüber nachgedacht, ob ich nicht an verschiedenen Literaturwettbewerben teilnehmen sollte. Zum Einen, um Erfahrung zu sammeln. Zum Anderen hegte ich die stille Hoffnung, auf diese Weise ein wenig Sichtbarkeit zu erlangen. Kaum aber hatte mich das Samenkorn für „Am Anfang war Lila“ angeweht, konnte ich mich nicht mehr dazu aufraffen, mir Kurzgeschichten zu vorgegebenen Themen aus den Fingern zu saugen.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich als Leserin schon mit dem Kindle-Territorium vertraut gemacht und diverse Indie-Bücher verschlungen. Ich gebe zu, dass es bisweilen sehr ermüdend ist, aus dieser Masse von Ebooks, die zweifelsohne auch viel Schund beinhaltet, gute Bücher herauszufiltern. Andererseits sind dort auch echte Perlen vertreten.

Die inhaltliche und gestalterische Freiheit, welche die Selbstveröffentlichung bietet, mag den ein oder anderen vielleicht vom richtigen Kurs abbringen, in vielen Fällen lässt sie aber auch frische und innovative Werke entstehen.

Mir gefällt der Gedanke, dass – abgesehen von der zu investierenden Zeit – nichts zwischen Autor und Leser steht. Echte Marktwirtschaft, sozusagen. Niemand, der im Vorfeld reguliert und selektiert und nach Kriterien, die lange nicht für alle gelten müssen, entscheidet, was dem möglichen Publikum präsentiert wird und was statt dessen in die Akte P wandert.

Im Indie-Segment haben auch neue Autoren ohne ausreichend Vitamin B im Gepäck eine Chance. Sofern sie gefunden werden.  Das Angebot an Indie-Büchern erscheint mittlerweile tatsächlich überwältigend. Vielleicht ist es inzwischen sogar ebenso unwahrscheinlich, von einem Leser entdeckt zu werden wie von einem Verlag. Wenn ich jedoch einen Leser gewinne, ist dies mein direkter Adressat und nicht eine zwischengeschaltete Instanz. Zudem kann ich aktiv einiges dafür tun, von meiner Zielgruppe registriert zu werden und muss nicht passiv und nägelkauend ausharren, bis mir von einem Verlag grünes Licht gegeben wird – oder auch nicht.

Ich befinde mich noch ganz am Anfang dieser langen Reise und bisher habe ich erst wenig unternommen, um mein Blogromanprojekt bekannt zu machen. Zu meinen ersten Schritten gehörte die Erstellung einer Facebookseite und eines Twitterprofils. Weiterhin habe ich meine Website kürzlich in zwei Blogromanverzeichnisse eingetragen. Vorgestern veröffentlichte ich die bisher erschienenen Kapitel von „Am Anfang war Lila“ ausserdem bei Wattpad, einer Plattform für kostenlose Bücher, die gerade bei jungen Leuten sehr hoch im Kurs steht, welche mir selbst aber bis jetzt völlig unbekannt war, was wahrscheinlich meinem fortgeschrittenen Alter zuzuschreiben ist.

Doch es gibt noch unzählige weitere Möglichkeiten, um potentielle Leser u erreichen. Buchkritiken zum Beispiel helfen anderen Autoren, interessierten Lesern und auch dem Rezensenten. Win-win-win sozusagen. Leserunden bei LovelyBooks können ebenfalls dazu beitragen, Kontakte zwischen Autor und Leser herzustellen und wertvolles Feedback zu erhalten. Für Autoren, die wie ich einen Blog betreiben, mag es zudem sinnvoll sein, sich in den großen Blogverzeichnissen registrieren zu lassen und hin und wieder bei den eigenen Lieblingsblogs zu kommentieren. Vorausgesetzt natürlich, man kann tatsächlich etwas Interessantes beisteuern.

Damit wäre ich schon oder endlich auch beim Thema „Networken“ angelangt.

Zuvor bin ich jedoch noch eine Erklärung schuldig, warum ich mich statt der Ebook-Variante für einen Blogroman entschieden habe: Von Anfang plante ich, auf meinem Blog Leseproben meines Romans einzustellen. Als es dann soweit war und ich als Kostprobe das erste Kapitel hochlud, erschien es mir plötzlich nicht mehr leserfreundlich, hier und da aus dem Kontext gerissene Textpassagen zu präsentieren.  Wie will man etwas beurteilen, von dem man nur ein paar Schnipsel kennt? Andererseits reichen diese Fetzen vielleicht schon aus, um Geschehnisse vorweg und die Spannung rauszunehmen. Was sind die Alternativen? Meiner Meinung nach gibt es nur zwei: 1): Maximal eine Leseprobe vorstellen und dann nichts mehr.  2): Die komplette Geschichte Zug um Zug veröffentlichen. Da ich an der digitalen Veröffentlichung gerade die Möglichkeit reizvoll finde, mich mit den Lesern zeitnah austauschen zu können, blieb mir im Grunde nur 2). Und hier bin ich nun mit meinem Blogroman, der eigentlich ein Kindle-Ebook werden wollte.

Zurück zu den Netzwerken: Es ist erst erstaunlich, wie gut die Blogger untereinander vernetzt sind. Insbesondere WordPress.com wartet ja auch mit einer Community auf, die diese Verknüpfungen innerhalb der jeweiligen Interessensgemeinschaften sehr unterstützt und vereinfacht. Ich musste jedoch gleich in die Vollen gehen und meinen Blog selbst hosten, in erster Linie der größeren Freiheit wegen. Ihr seht schon – ich bin ein freiheitsliebender Mensch. Aber zum jetzigen Zeitpunkt bin ich mir noch nicht ganz im Klaren darüber, ob ich mir damit wirklich einen Gefallen getan habe. Auf die WordPress-Community im engeren Sinne muss ich jedenfalls verzichten. Was mir zum Beispiel schon sauer aufgestossen ist, als ich bei anderen Blogs „Gefällt-mir“ klicken wollte.

Eine ideale Plattform, um sich mit Gleichgesinnten zu verbinden und auszutauschen, bieten natürlich die allseits bekannten und beliebten Social Networks. Daher erschien es mir obligatorisch, mich dort anzumelden und aktiv einzubringen. Allerdings war ich wirklich überrascht darüber, welch weitreichendes Netz gerade die Autoren via Twitter und Facebook gesponnen haben und wie bereitwillig die „Alteingesessenen“  Neuankömmlinge in ihre Gemeinschaft aufnehmen. Das Konkurrenzdenken scheint gering bis gar nicht vorhanden – soweit ich das als Newbie beurteilen kann. Die Hilfsbereitschaft ist dafür groß. Es mangelt nicht an Schreibtipps, gegenseitiger Motivation und Unterstützung bei  der Bekanntmachung der eigenen Projekte und Werke.  Auf Facebook existieren eigens für diese Zwecke geschaffene  Gruppen.  Prädikat wertvoll. Weiterhin gibt es plattformübergreifend die Möglichkeit, an verschiedenden Wettbewerben teilzunehmen, die jedoch nicht vordringlich zum Ziel haben, einen Gewinner zu küren, sondern dabei helfen, am Ball zu bleiben und ein gestecktes Pensum zu erreichen.

Twitter und Facebook haben mir persönlich ausserdem dabei geholfen, besser einschätzen zu können, für wen mein Blog und meine Geschichte interessant sind. Bisweilen sind die Erkenntnisse erstaunlich. Mit dem Begriff „Zielgruppe“ bin ich vorsichtig. Als ursprünglich im Marketing angesiedelte BWL-Tante hege ich inzwischen leichte Aversionen gegen alles, was nur irgendwie in Richtung Schubladendenken tendiert.

Wie ich bereits im ersten Teil dieses Artikels erwähnt habe, ist Twitter ausserdem eine gute Schule für mich. Ich neige dazu, meine Sätze opulent auszuschmücken und mich in ausschweifenden Schilderungen zu suhlen. Mit Twitter geht das nicht. Da muss man schnell zum Punkt kommen. Es ist wirklich nicht einfach, seine Botschaften in 140 Zeichen zu transportieren. Aber lehrreich. Wie viele andere Twitternutzer hoffe ich inständig, dass es keine Erweiterung auf 10k Zeichen geben wird.

Kurz fassen hin oder her: Die Gefahr, sich zu verzetteln besteht leider immer, sobald man sich in die sozialen Netzwerke involviert. Deshalb habe ich vor meinem Blogromanprojekt auch einen großen Bogen um diese Plattformen gemacht. Ohne entsprechendes Zeitmanagement werde ich da über kurz oder lang gnadenlos absaufen oder in 3 Jahren noch immer an meinem Roman schreiben. Ich habe vor, mir bestimmte Zeiten zu setzen, in denen ich entweder schreibe, Mails beantworte oder mich in den Netzwerken auf den neuesten Stand bringe. Doch ich kann schon heute darauf wetten, dass zwei kleine Menschen diese Pläne alsbald torpedieren.