Wahrscheinlich werde ich irgendwann von chronischer Insomnie zu seniler Bettflucht überwechseln.

„Warum schläfst Du nicht einfach, wenn Du müde bist?“
–  „Ja – und warum hältst Du nicht einfach die Klappe, wenn Du keinen blassen Dunst hast?“

„Der Körper holt sich schon, was er braucht. Keine Sorge.“
– „Aha. Dann ist es also völlig normal, im Durchschnitt mit 1-3 Stunden Schlaf auszukommen und auf Dauersparflamme dahin zu röcheln – äh – zu köcheln.“

„Power Dich mit Sport aus, bis Du kurz vorm Umfallen bist. Dann schläfst Du wie ein Baby.“
– „Umfallen ist kein Problem. Schlafen schon. Und wieso sind immer alle der irrigen Ansicht, Babys würden so gut schlafen?“

„Nimm Baldrian.“
– „Ach Schnuckelchen.  Selbst, wenn die Hardcore-Schlafpille versagt – Baldrian hilft bestimmt. Habe ich aber tatsächlich lange Zeit versucht. Damals, vor fast 10 Jahren.“

„Du hast aber gar keine Augenringe.“
– „Wozu gibt es Make-up?“

„Vielleicht glaubst Du nur, dass Du so wenig schläfst. Oft merkt man gar nicht, dass man doch eingenickt ist.“
–  „Ich bin erst um 4 ins Bett und um 6 wieder aufgestanden. Wie sollen dabei mehr als 2 Stunden Schlaf rumgekommen sein, selbst wenn ich mich in diesen 120 Minuten nicht fast ausschließlich herumgewälzt hätte?“

„Bist Du nicht ausgelastet genug?“
– „Als Mutter einer knapp Einjährigen und einer Dreijährigen???  Das kann echt nur jemand sagen, der selbst keine Kinder hat. PS: Ich erwürg Dich gleich.“

„Du wirkst so aufgeweckt?“
-´“ Das ist das Adrenalin, Baby.“

Was es heißt, ständig todmüde und gleichzeitig hellwach zu sein, jedoch nicht auf eine angenehme, sondern völlig überdrehte Art und Weise, kann nur nachvollziehen, wer selbst ernsthafte Schlafprobleme hat.

Selbst mir erscheint dieser desolate Zustand weit weg und unwirklich, sobald ich alle heiligen Zeiten doch mal 5 Stunden Schlaf intus habe.

Darum schreibe ich diesen Beitrag heute. Nach einer Nacht, die wie so häufig nur 1,5 Stunden Schlaf für mich bereithielt – und nach dem Tag, der dieser  Nacht folgte. Maximale Authentizität.

Wie ich mich fühle? Krank. Schwach. Müde. Traurig. Latent aggressiv.

Eine milchig-beschlagene Glaskuppel wölbt sich über meine Wenigkeit und irgend jemand war so freundlich, mein Haupt mit weicher Watte auszustopfen. Kopfschmerzen habe ich trotzdem oder vielleicht deswegen.

Meine Gedanken fahren Achterbahn. Das Hirn arbeitet auf Hochtouren, produziert aber nur (Sonder-)Müll.

Die fehlende Regeneration lässt die angespannten Muskeln schmerzen.

Das Herz rast und ich frage mich, wann es mir aus der Brust hüpft und sich auf und davon macht.

Was ich oder andere sagen, vergesse ich binnen Millisekunden.

Ich verdrehe die Worte. Alles ist anstrengend. Auch sprechen.

Verloren stehe ich auf der Treppe und kann mich nicht erinnern, was ich im ersten Stock wollte.

Ich tauche den Breilöffel in meinen Kaffeebecher, rühre um und will das Baby dann auch konsequenterweise mit der schwarzen Brühe füttern.

Schlaftee
Feste Rituale
Lesen
Autogenes Training
Progressive Muskelentspannung
Selbsthypnose
Schlaftabletten
Andere Tabletten
Schlaflabor
Homöopathie
Osteopathie
Schlafrestriktion

Ich habe vieles ausprobiert.

Am besten geholfen hat mir das Stillen. Doch leider hat das Ämmale so ganz allmählich die Schnauze voll von Muttermilch. Nuckeln taugt ihr schon noch, trinken nicht mehr so sehr.

Und ich merke deutlich die hormonelle Umstellung. Prolaktin und Oxytocin, die meine innere Unruhe so wunderbar zu dämpfen wussten, erweisen mir immer seltener die Ehre.

Um mich einigermaßen zuverlässig herunter zu regeln, bedürfte es folgender Maßnahmen: Abends kein Internet, kein Telefon – generell keine Gespräche, keine aufregende Lektüre.  Nichts Aktives . Aber auch dieser „Verhaltenskodex“ ist keine Garantie, lediglich eine Option.

Und wenig sozial- und ich-verträglich.

Meinem Mann und mir bleibt nur der Abend, um unseren eigenen Interessen nachzugehen.

Spannende Bücher pushen mich, doch ich hasse langweilige Bücher.

Schreiben pusht mich, doch tagsüber ist dafür keine Zeit.

Die Flimmerkiste pusht mich kaum, trotz der bewegten Bilder.  Deshalb fläzen M. und ich uns jetzt aufs Sofa und schauen „Lost“ (auf DVD). Zumindest so lange, bis eines der Kinder nach uns ruft oder mir doch endlich die Augenlider schwer werden.

PS:  Ich bin ernsthaft am Überlegen, ob ich das heutige Beitragsbild zu einem neuen Cover für meinen Blogroman umfunktionieren soll.  Warum nicht,  wenn man selbst mehr als gruselig genug ist?

PPS: Auch solche Tage haben ihre schönen Momente. Und nicht einmal die dichten, grauen Wolken, mit denen Insomnia mich umhüllt, können die hellsten Sonnen in meinem Universum verdecken. Meine Kinder.