Tanz mit dem Dämon
Eine ungeheure Schwäche hat von Priska Besitz ergriffen. Marlene ist ein Dämon, der mit Engelszungen spricht. Trotzdem ist Priska geneigt, sich von ihren säuselnden Worten einlullen zu lassen. Sie ist so unsagbar müde. Zu müde sogar, um Angst zu verspüren. Allein die Liebe zu ihrer Tochter hält ihren Lebenswillen aufrecht. Bevor sie sich dem Tod zuwendet, der neben ihr geduldig auf seinen Einsatz wartet, wirft sie einen Blick in den Innenspiegel. Statt Elenas Augen begegnen ihr die des Geistermädchens. Eleonore hockt mit angezogenen Beinen neben dem Kindersitz. Die Arme hat sie um die Knie und ihre Puppe geschlungen. In einer wiegenden Bewegung schaukelt sie vor und zurück. Als wolle sie sich selbst beruhigen. Ihre Mimik kann Priska nicht recht deuten. Die Gesichtszüge des Gespensterkindes sind verschwommener als die letzten Male. Nur ihre dunklen Augen stechen hervor. Und sie sind angsterfüllt. Elena dagegen hat noch immer ihre Hände vorm Gesicht. Ob zum Schutz vor den Fliegen oder aus schierer Verzweiflung, vermag Priska nicht zu sagen. Soviel leichter wäre ihr ums Herz, wenn sie das Kind in Sicherheit wüsste. Instinktiv greift Priska nach hinten. Sie bekommt Elenas rechten Unterschenkel zu fassen und drückt ihn sachte. Ihre Tochter anzusprechen, traut sie sich nicht. Und was soll sie schon sagen: »Du brauchst keine Angst zu haben. Alles ist gut.« Nein, solche Worte helfen jetzt nicht. Sie würden alles nur noch schlimmer machen. Nichts ist in Ordnung. Inständig hofft Priska, dass Elenas Kinderseele unversehrt aus diesem Grauen hervorgeht.
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