Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Kategorie: Gekritzeltes (Seite 4 von 4)

Am Anfang war Lila: Kapitel 3

Das alte Haus

Ranieri ist am Leben. Lachend kämpfen sie sich fernab des ausgetretenen Wanderweges durch das dichte Geäst und können die nahe Lichtung bereits erahnen. Der Endorphinrausch verleiht Priska ungeahnte Kräfte. Geschmeidig wie ein Panther erklimmt sie die teils mannshohen Felsbrocken, die von Riesenhand auf dem weichen, von Fichtennadeln übersäten Waldboden versprengt worden zu sein scheinen. Ranieri ist ihr dicht auf den Fersen. Sie spürt seinen warmen Atem in ihrem Nacken. Priska befindet sich in jenem prickelnden Schwebezustand sehnsüchtiger und bangender Vorfreude, den sie so lange wie möglich auszukosten beabsichtigt. Sobald der Zauber der ersten Nacht vorüber wäre, würden flüchtige Berührungen nur mehr eine angenehme und geborgene Wärme erzeugen, sich treffende Fingerspitzen keine explosiven Funken mehr schlagen, heiß-kalte Wechselbäder bei verstohlenen Blicken ausbleiben. Ein uraltes Spiel, dessen Ausgang zwar vorgezeichnet ist, das aber in diesem Stadium noch vom Hauch des Ungewissen umweht wird. Ein rares Lebenselixier, das nicht verschwendet werden darf.

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Kinderzeichnungen und Alltagsgeplänkel

Da bin ich einmal in hundert Jahren ohne Kinder unterwegs. Es dauert einen Moment, bis ich vom „Alles-aus-dem-Weg-in-5min-hat-das-Baby-seine-Breze-zerhäckselt-und-das-Kleinkind-will-sein-Stuntfraupotential-an-supermarkteigenen-Requisiten-austesten“-Modus in eine etwas groovigere Gangart gewechselt habe. Dann aber genieße ich beinahe andächtig die Stille vor dem Joghurtregal und die Freiheit, mir tatsächlich vorher anzusehen, was ich kaufe,  ohne dass der eine kleine Wicht „Schau mal, Mami“-rufend mit dem größten Kinderhasser im ganzen Laden kollidiert und der andere, noch kleinere Wicht mir halbverdauten Brezenbrei  auf die Hand spuckt , während er bzw. sie fast einen Köpfer aus dem Einkaufswagen macht. Ich zelebriere sie förmlich, diese Dreiviertelstunde Auszeit, obgleich ich mir zum Seele baumeln lassen natürlich auch eine weitaus adäquatere Umgebung vorstellen könnte – wie etwa ein Fünf-Sterne-Wellnesshotel am Meer. Mein Handy brummt. Zunächst bin ich nicht gewillt, dem Störenfried meine Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht ist es aber ein SOS von meinem Mann, der noch eine Tafel Vollmilchschokolade mit ganzen Haselnüssen braucht, um den heutigen Abend zu überleben.  Es ist tatsächlich M. Via Whatsapp lässt er mir folgende, knapp aber präzise formulierte Botschaft zukommen: „Das Ämmale hat zwei Schritte gemacht.“ War ja klar: Kaum ist Muttern aus dem Haus, fängt das Kind zu laufen an. Und mindestens genauso logisch ist, dass sie seit ihren ersten Gehversuche quasi in Schockstarre verfallen ist.

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Gespenster

Als das Eiliensche mir ihr neuestes Werk präsentiert, muss ich erst einmal schlucken. „Willst Du mir erzählen, was Du da gemalt hast?“ „Ja. Das da ist ein Spenstermann.“ Meine Tochter deutet eifrig auf die schwarze Gestalt in der Mitte. Das Gesicht wirkt auf mich sehr plastisch und eindringlich. „Und was hat der Spenstermann da in der Hand?“ „Das ist ein…“ Sie sucht nach einem Wort und runzelt dabei die Stirn. Dann öffnet sie den Mund und es kommt etwas heraus, das klingt wie „Schawala“. „Hm…“ Im Geiste gehe ich alle Begriffe durch, die phonetisch dazu passen könnten. Aber mir fällt kein Wort ein, das annähernd so klingt und Sinn macht. „Kein Schwert, oder?“, unternehme ich einen lahmen Versuch. „Nein!“ Entgegnet das Eiliensche entrüstet. „Ein SCH-A-W-A-L-A“. Sie betont die Silben überdeutlich und sieht mich an, als hätte ich noch maximal eine bereits erlöschende Kerze im Leuchter. „Und da ist das Spensterkind.“ Gemeint ist das kleine dunkle Wesen unten rechts, das die Arme in Richtung Gespenstermann zu heben scheint.

Das Eiliensche weiss, dass ich ein Buch schreibe, aber nicht, um was es geht. Und ich achte  penibel darauf, dass sie in meinen Gesprächen mit M. nichts aufschnappt. Noch kann sie nicht lesen. Wäre auch etwas früh mit knapp 3 Jahren.  Doch sie ist fasziniert von Büchern und will unbedingt teilhaben an  der Welt des geschriebenen Wortes.  Es stört sie sehr, dass sie derzeit auf uns angewiesen ist und die Buchstaben nicht alleine zum Leben erwecken kann. Natürlich liebt sie es, wenn wir ihr vorlesen, aber sehr oft meint sie dann sehnsüchtig: „Ich will auch lesen lernen.“

Oft verlangt sie, dass ich bestimmte Worte  für sie auf`s Papier schreibe und sie versucht dann, diese nachzumalen. Wenn es sich ergibt, zeige und erläutere ich ihr, aus welchen Buchstaben das Wort besteht.  Derzeit sind das alles Hieroglyphen für sie.  Und sie hat doch noch Jahre Zeit, um Schreiben und Lesen zu erlernen. Aber erkläre das mal einer meinem ungeduldigen Kind.

Jedenfalls bin ich etwas besorgt über ihr reges Interesse an Geistern, gruseligen Begebenheiten, Stimmungen und Erzählungen. Ich weiss, was eine ausgeprägte Phantasie aus einer harmlosen Geistergeschichte machen kann.  Nein, davor will ich das Eiliensche bewahren, soweit und solange es in meiner Macht steht.

Meinen Selbstschutz allerdings werde ich für meine Geschichte bis zu einem gewissen Grad aufgeben müssen. Und es bereitet mir nicht nur behagliche Gedanken, dass zu später Stunde Realität und Illusion sich vermengen und die Protagonisten meiner Erzählung mich bei jedem Handgriff begleiten und mir bis auf die Toilette folgen werden.  Was  ist die Alternative? Ein fluffig-lockerer Liebesroman? Nein, ich glaube, das liegt mir nicht.

Ich muss an das antiquarische Buch denken, dass meine Mutter mir vor einiger Zeit einmal zeigte. Sie hatte es von einem Nachbarn geliehen bekommen.  So alt, dass die brüchigen, vergilbten Seiten einem schon fast in der Hand zerbröselten.  Der Titel war harmlos. Ich komm nicht mehr drauf. Aber zwischen hausbackenen Tipps aus Großmütterchens Mottenkiste fanden sich einige Rezepturen, die teils sehr ominöse Formeln enthielten.  Während ich dieses eigenartige Buch durchblätterte, fragte ich mich, ob das wirklich so eine gute Idee wäre mit meiner Geschichte.  Im Hinblick auf meine eigene Psyche.  Doch ich hoffe, dass ich die Fäden selbst in der Hand behalte und mein Buch eines zum Wohlfühlen wird. Eines, das man gerne um sich hat. Keines, das man aus lauter Furcht am liebsten in das hinterste Eck seines Bücherregals verbannen oder so schnell wie möglich loswerden will.

 

 

Vom Stillen

Es ist ein schleichender Prozess. Aber heimlich, still und leise neigt sich die Stillzeit mit meinem Ämmale dem Ende zu. Und schon jetzt empfinde ich Wehmut.

Das Stillen ist eine sehr persönliche Angelegenheit und ich habe nie verstanden, warum bei diesem Thema so viele Mütter auf einmal übergriffig werden und einen entweder in die eine, oder auch in die andere Richtung schubsen und drängen wollen.

Die Gründe, warum jemand stillt oder nicht, sind so vielfältig und individuell wie die Frauen und ihre Kinder selbst.

Für mich war es schon beim Eiliensche damals ein absoluter Herzenswunsch.  Das Stillen. Ein tiefes, inneres Bedürfnis, dass ich nicht rational erklären kann.
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Wasserfarben am Morgen

Im Nachthemd.

Es ist 10.00Uhr und wir essen After Eight.

Starker Kaffee für mich, Saft für das Eiliensche.

Ein durchwachsener, eher muffeliger Sonntagmorgen.

Mit Wasserfarben und Buntstiften machen wir ihn freundlicher. Und bunter.

Meine kleine Große kommentiert ihre Zeichnung:

Monster, Regen, Drache mit Baby im Bauch.

Kinderbild_Eieliensche_081115_klein

Ich lausche.

Und während ich mit Kopf und Bauch beim Eiliensche bin, malt der Pinsel in meiner Hand auch. Irgendwas.

Bild_091115_klein

 

 

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