Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Kategorie: Geschriebenes (Seite 4 von 5)

Am Anfang war Lila: Kapitel 11

Ein schmaler Grat

»Als Hans mir sagte, was sie im Labor herausgefunden haben, war mir klar, dass ich Dich nicht aufhalten kann.« Luis wirkt erstaunlich gefasst. Priska schiebt den Laptop aus der Sonne und stranguliert sich dabei fast mit dem Kopfhörerkabel. Luis nimmt ihr mit seiner Reaktion den Wind aus den Segeln. Sie hat eher mit wüsten Beschimpfungen denn mit Akzeptanz oder gar Verständnis gerechnet. Verwirrt setzt sie sich. Ursprünglich wollte sie ihm noch nicht einmal mitteilen, in welcher Pension sie abgestiegen sind. Aber er hätte es ohnehin herausgefunden. Und gleich, wie sehr sie sich in den letzten Tagen in die Wolle bekommen haben: Wenn es um seine Tochter geht, wird sie Luis nie ihm Ungewissen lassen. Das hat er nicht verdient.

»Hallo Papa!« Elena, die im Schneidersitz auf dem Bett hockt und glitzernde Elfen in ihr Stickeralbum klebt, wedelt mit ihrer Rechten gen Bildschirm. Luis kann sein Kind zwar nicht hören, aber sehen. Lächelnd winkt er zurück.

»Darf ich auch mit Papa sypen?«, wendet sich das Mädchen an Priska. Die Nonchalance, mit der sich Elena auf unvorhergesehene Situationen einläßt, muss sie von ihrem Vater geerbt haben. Sobald jedoch ein Lieblingshaargummi verschollen ist oder die Butter an der falschen Stelle im Kühlschrank deponiert wird, hat das jeweils Katastrophenpotential.

Weiterlesen

Am Anfang war Lila: Kapitel 10

Zwischen Wahn und Sinn

»Elena, wo willst du mit meiner Orchidee hin?«

»Esmeralda braucht sie.«

Priska legt einen beherzten Sprint ein, doch das Kind ist bereits durch die Tür entschwunden. Den Blumentopf mit der hochsensiblen Miltonia moreliana unterm Arm. Die Pflanze war ein Geschenk gewesen. Prikas Qualitäten als Blumenflüsterin sind nur rudimentär ausgeprägt. Dennoch hatte sie sich sofort in die Orchidee mit den zart lila Blüten und dem anspruchsvollen Pflegebedürfnis verliebt. Tatsächlich schaffte es die fragile Schönheit, in Priskas Obhut zu überleben und zu sogar zu blühen. Bis jetzt.

Kaum hat Priska die Tür erreicht, fällt diese mit Schwung ins Schloss. In der Luft schwebt ein glockenhelles Kinderlachen. Ein leichter Luftzug streift kühl ihre Wange. Sie verschränkt fröstelnd die Arme. Wie hatte sie bloß Elenas glucksendes Gekicher mit dem Lachen des Geistermädchens verwechseln können. Nur scheinbar schwerelos ist es. Weht aus einem anderen Jahrhundert zu ihr hinüber und trägt des Todes Odem mit sich. Weitaus verstörender als das wächserne Gesicht auf der Fotografie.

Weiterlesen

Am Anfang war Lila: Kapitel 9

Dora

Eva konnte weder ihn, noch sich selbst täuschen. Sie hatte Angst. Vor der eigenen Tochter. Denn trotz allem war sie das: Ihr Kind. Sie hatte Dora unter dem Herzen getragen und sie zur Welt gebracht. Seit acht Jahren war sie dem Mädchen eine wundervolle Mutter. Johann hegte keinen Zweifel daran, dass Eva ihre Tochter inniglich liebte. Doch war ihm nicht entgangen, wie sie Dora ansah. Er spürte Evas Unwohlsein, wenn sie gezwungen war, mit ihr alleine zu sein. Zudem sorgte sich seine Frau wegen des Getuschels im Dorf. Obgleich sie es nie zugeben würde, teilte sie insgeheim die Meinung der tratschenden Weiber.

Nachdenklich betrachtete Johann seine Tochter, die neben ihm, auf dem von der Sonne vorgewärmten Steinwall saß. Arglos lächelte sie ihn an. Die goldenen Sprenkel in ihren violetten Augen leuchteten und die gebräunten Kinderbeine baumelten über saftigem Grün. Die Ziegen grasten zufrieden und auch Dora wirkte glücklich. Eine reine Kinderseele, wie sie unschuldiger nicht hätte sein können. Er fragte sich, was die Aufmerksamkeit der Leute erregt haben mochte. Dora verhielt sich in Gegenwart von Fremden stets unauffällig. Abgesehen von ihrer sonderbaren Augenfarbe unterschied sie sich nach außen hin nicht von ihren Altersgenossen. Gleichwohl redeten die Leute. Hinter vorgehaltener Hand munkelten sie, sein kleines Mädchen sei eine Hexe. Johann plagte das schlechte Gewissen. Es verging kein Tag, an dem er sich nicht fragte, ob es klug gewesen war, jenen Pakt einzugehen, von dem nur er und Eva wussten. SIE war keine Hexe. SIE diente weder Gott noch Teufel.

Weiterlesen

Am Anfang war Lila: Kapitel 8

Das Mädchen

Vorsichtig stellt Luis die bis zum Rand mit dampfendem Milchkaffee gefüllte Tasse neben Priskas Notebook ab. Sein Blick heftet sich auf den Monitor. »Du denkst also tatsächlich, dass das die Erklärung für deine nächtlichen Panikattacken ist?« Der Ausdruck in seinen Augen ist schwer zu deuten. Vermutlich ist er spätestens jetzt davon überzeugt, dass seine Frau nicht mehr alle Latten am Zaun hat.

Priska seufzt und nippt am heißen Milchschaum. Luis hat es nicht versäumt, den Kaffee mit etwas Karamellsirup zu verfeinern. Ein Hauch von Behaglichkeit legt sich über ihre ungemütlichen Gedanken. »Wir haben doch ausgiebig über meinen Traum von letzter Nacht gesprochen?«

Luis Miene verfinstert sich. »Dass Träume Beweischarakter haben, ist mir neu. Wenn dem so wäre, könnten wir diese Unterhaltung gar nicht führen. Denn dann hätten mich schon vor langer Zeit die schrumpeligen, grauen Männchen, die mir nachts hin und wieder begegnen, auf einen Planeten namens Numidos entführt und Hackfleisch aus mir gemacht.«

Weiterlesen

Am Anfang war Lila: Prolog

»Nun geh! Und denke stets daran: Was ich ersehne, ist bereits mein. Brich diesen Pakt und ich werde Dich und die Deinen heimsuchen. Ich werde nicht ruhen, ehe Ihr alle der Dunkelheit anheimgefallen seid.«

Ihre betörende Stimme, die ihn eben noch schmeichelnd umhüllte wie kostbare Seide, rauschte in seinen Ohren. Binnen Augenblicken schwoll sie zu einem gewaltigen Tosen an. Er taumelte und stolperte unbeholfen einige Schritte zurück.

War dies dasselbe Weib, welches sich kurz zuvor warm in seine Arme geschmiegt und ihn in einen nie gekannten Garten Eden entführt hatte? Vergeblich suchte er nach einem Rest von Güte in den amethystfarbenen Augen. Doch ihr Blick war hart und bohrte sich einem Eiszapfen gleich in sein schutzloses Herz.

Weiterlesen

Am Anfang war Lila: Kapitel 6

In der Schwebe

Das kleine Volksfest ist gut besucht. Obgleich die Sonne sich rar macht an diesem nebeligen Spätherbsttag. Die blinkenden Lichter der Fahrgeschäfte und Jahrmarktsbuden bilden bunte Tupfer im Novembergrau. Immerhin hat der Wind inzwischen nachgelassen. Mit seinen kalten Fingern, die einem unvermittelt und erbarmungslos unter die wärmenden Kleidungsschichten fahren, ist er ein noch unangenehmerer Geselle als die feuchte Kühle, die weiterhin passiv und träge aus dem trüben Dunst tropft.

Weiterlesen

Böser Logikschnitzer in Kapitel 5

Einen der zahlreichen Nachteile am Blogromanformat habe ich gestern Abend zu spüren bekommen. M. und ich frönten gerade einer Folge „Lost“ auf DVD.  Da schossen mir quasi aus dem Nichts zwei Gedanken in den Schädel, die meinen Puls augenblicklich in schwindelerregende Höhen trieben.

„Machen die bei der Bergrettung nur einen Crash-Kurs?“

Und:

„Würden sie wirklich einen Anwärter mit Hirntumor aufnehmen?“

In beiden Fällen drängt sich doch sofort die Frage auf, wer bereit wäre, solch ein Sicherheitsrisiko einzugehen. Die Antwort konnte ich mir innerhalb von Sekundenbruchteilen selbst geben: Keiner.

Fröhlich, frisch und frei bin ich tatsächlich gleich zweimal in die Deppenfalle für betriebsblinde, hin und wieder aus der Hüfte feuernden Möchtegernautoren getappt.  Doppelt hält bekanntlich besser.

Warum ich mir dieses Fauxpas nicht bereits während des Schreibens gewahr wurde, ist mir ein absolutes Rätsel, welches durchaus mit den in „Lost“ aufgeworfenen Mysterien mitzuhalten in der Lage ist.

Besonders tückisch bzw. logikfehleranfällig sind wohl gerade solche „Nebenschauplätze“, die für das weitere Geschehen nicht weiter von Belang sind und daher nicht unbedingt bis ins kleinste Detail ausgeleuchtet werden. Doch das ist keine Entschuldigung. Ich selbst HASSE Logikfehler in Geschichten. Sie trüben meines Ermessens den Lesegenuss beträchtlich, gerade, wenn es sich um gröbere Schnitzer handelt.

Wahrscheinlich musste ich das Geschriebene wirklich erst sacken lassen, bevor der gesunde Menschenverstand so gütig war, mir die Scheuklappen abzunehmen.  Das ist ja tatsächlich ein Punkt, der immer und immer wieder als Schreibtipp bemüht wird: Entwurf für einige Zeit beiseite legen. Abstand gewinnen. Dann erst überarbeiten.

Nur ist dies bei einem Blogroman nicht so ohne Weiteres umzusetzen. Zumindest ich habe damit erhebliche Probleme. Mein Schreibtempo ist aufgrund der äußeren Umstände  stark verbesserungswürdig. Wenn ich jedem Kapitel nach dem Schreiben erstmal eine gewisse Ruhezeit gönne, geht pro Monat nur ein Kapitel online. Das möchte ich den Lesern nicht antun. Allerdings werde ich zukünftig zwischen Schreiben und Veröffentlichen zumindest einen Tag Zwangspause einlegen und damit hoffentlich das Risiko für einen weiteren Lapsus dieser Art mindern.  Andernfalls steht das gestrenge Gespenst, welches diesen Eintrag ziert, schon bereit.

Das 5. Kapitel habe ich nun folgendermaßen abgeändert:

 

Versonnen strich Ranieri mit seinen Fingerkuppen über ihre Wangen. »Ich wollte mich der Bergrettung anschließen«, informierte er sie.

»Wie bist Du denn auf die Idee gekommen?« Priska war ein wenig verblüfft angesichts dieses abrupten Themenwechsels.

»Sie suchen immer händeringend nach Leuten und guten Kletterern.« Er machte eine kurze Pause und wickelte sich eine ihrer Haarsträhnen um den Zeigefinger.

»Aber sie erklärten mir, dass die Ausbildung mindestens zwei Jahre dauert. Doppelt so lange, wie ich voraussichtlich noch leben werde.« Er lachte bitter auf. »Außerdem ist es fraglich, ob sie mich mit meinem… Handicap …überhaupt aufgenommen hätten. Doch es wäre eine Möglichkeit gewesen, die Zeit, die mir noch bleibt, sinnvoll zu nutzen. Und mich hätten sie gerne zu den riskantesten Einsätzen beordern dürfen. Wäre ich dabei drauf gegangen, hätte ich nicht auf den Tod warten müssen. Das ist nämlich ein echt ätzendes Gefühl und es wird noch schlimmer werden. Oft denke ich, es wäre besser, ich würde gleich abkratzen. Dann hätte ich es wenigstens hinter mir.«

 

Vielleicht ein wenig holprig, aber immerhin ist der Logikfehler ausgemerzt.

Am Anfang war Lila: Kapitel 5

Im Anfang das Ende

»Seit wann weißt Du es?«

Ihre Stimme bebte und sie spürte, wie der Schmerz ihr Herz bereits flutete und jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer augenblicklich ertränkte.

Er wirkte unversehrt. Nichts an Ranieris attraktiver Erscheinung deutete auf das Monster hin, das sich durch seinen Kopf fraß. Doch die Hand, mit der er sich zerstreut über das dichte Blondhaar strich, zitterte.

»Die Diagnose steht seit einer Woche.«

Beinahe zwanzig Jahre ist jenes Gespräch nun her. Und doch hat Priska das Gefühl, es habe erst gestern stattgefunden. Sie kann sich an jedes einzelne Wort erinnern.

Es war ein sonniger Maientag, der sich mit verheißungsvollen Frühlingsdüften und dem bunten, pulsierenden Leben selbst tarnte, dabei jedoch in Wirklichkeit den Tod mit sich trug. Das Grauen erscheint noch unerträglicher, wenn es in schöner Gestalt daherkommt. Am Himmel tummelten sich luftige Wattewolken, die Bienen summten, die Kinder machten Hüpfspiele auf dem warmen Asphalt, die Amseln sangen ihre fröhlichsten Melodien, die kleinen Schaumkronen auf dem Eisack glitzerten.

Und Ranieri würde sterben.

Weiterlesen

Am Anfang war Lila: Kapitel 4

Zeichen

»Heute Nacht hat er mich nicht besucht.« Elena stellt diesen Satz betont beiläufig in den Raum, während sie naserümpfend und scheinbar hochkonzentriert die Rosinen aus der bis zum Rand gefüllten Müslischale klaubt. Sie kann jedoch die in ihrer Stimme unterschwellig mitschwingende Enttäuschung nicht verbergen. Priska überlegt, ob sie diese Situation als so surreal empfindet, weil ihre graue Zellen noch in der flaumigen Zuckerwatte festkleben, mit der sie die Schlaftablette vor einigen Stunden fürsorglich umhüllt hat. Oder liegt es daran, dass ihre Tochter beim Frühstück im Plauderton von einer Geistererscheinung erzählt, als handle es sich hierbei um einen neuen Kindergartenfreund? Während Elena unter dem Tisch die buntbestrumpften Beine schlenkern lässt, schützt sie ihre Augen mit einer Hand vor dem gleißenden Sonnenlicht, das kraftvoll und ungebremst die gegenüberliegende Fensterfront durchdringt. Im Gegensatz zu Priska selbst wirkt das Kind alles andere als ängstlich. Fakt ist, dass es sich bei dem unheimlichen Besucher ganz offensichtlich um keine Eintagsfliege handelt und dass Priska noch etwas Anlaufzeit benötigt, bevor sie sich imstande sieht, adäquat auf ihre Tochter einzugehen. Zumindest, was dieses Thema anbelangt. Da Elena den geheimnisvollen Gast gestern mit keiner Silbe mehr erwähnt hatte, wollten Priska und Luis zunächst versuchen, das Ganze auf sich beruhen zu lassen. Ein Fehler, wie sich nun herausstellt.

Weiterlesen

Der Blogroman bekommt ein Gesicht

Dies wird eher eine technische Notiz denn ein emotionsgeladener Tagebucheintrag. Als Ausgleich folgt im nächsten (,morgigen) Post ein eben solcher.

Kapitel 4 allerdings wird noch ein paar Tage auf sich warten lassen.  Der Wille ist stark, aber die Kinder sind stärker.

Da meine ureigene Natur eine eher chaotische ist, bin ich erst sehr spät auf den Trichter gekommen, dass es für die Leser meines Blogs und/oder auch nur meines Romans nicht gerade komfortabel sein kann, wenn sie sich die wild verstreuten Kapitel einzeln zusammensuchen müssen. Zudem birgt es für Neueinsteiger eine gewisse Spoilergefahr, wenn sie unwillentlich und ohne Vorwarnung sofort mit dem neuesten Kapitel konfrontiert werden.

Daher habe ich nun im Hauptmenü unter „Geschriebenes“ die Kategorie „Blogroman“ und dort wiederum den Punkt „Kapitelübersicht“ angelegt.  Dieses Inhaltsverzeichnis ist mit bisher 3 Kapiteln noch nicht sonderlich umfangreich, aber das wird sich (hoffentlich) bald ändern.

In der Sidebar auf der rechten Seite gelangt Ihr durch einen Klick auf das Bild mit dem Schriftzug „Am Anfang war Lila“ ebenfalls direkt zur Kapitelübersicht.

Die einzelnen Kapitel werden dennoch weiterhin in der aktuellen Beitragsübersicht zu finden sein, da es tatsächlich auch Leute geben soll, die jeden meiner Einträge verfolgen und die es begrüßen, alle neuen Posts auf einen Blick erkennen zu können. Ich werde jedoch unter das Titelbild ab sofort einen Link zum Inhaltsverzeichnis setzen und den Text erst nach dem „Weiterlesen-Tag“ starten lassen. Es ist also nahezu unmöglich, unabsichtlich in ein neues Kapitel hineinzustolpern.

Wie Ihr sehen könnt, habe ich nun ausserdem ein Titelbild für den Roman erstellt. Für den ein oder anderen mag es gewöhnungsbedürftig erscheinen. Ich bin mir selbst noch nicht so ganz im Klaren darüber, ob ich diese Zeichnung mag und ob sie der Geschichte gerecht wird. Einstweilen habe ich aber meinen Frieden mit diesem – nennen wir es – „Arbeitscover“ geschlossen. Als Erkennungszeichen ist es in jedem Falle ausreichend, denke ich.

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »

© 2024 Federfarbenfee

Theme von Anders NorénHoch ↑

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen