Das süße Aroma von Erdbeeren.

Der feine Aprikosengeschmack frischer Papaya.

Der Geruch von frischgemähten Gras.

Der würziger Duft einer knusprigen Steinofenpizza.

Die weiche Pfirsichhaut eines Kleinkindes, das sich in deine Arme schmiegt

Die vertraute Melodie eines alten Musikstückes, das auch nach zwanzig Jahren noch die Schmetterlinge in deinem Bauch tanzen lässt.

Die Farbenpracht einer Sommerwiese. Feuriges Klatschmohnrot neben intensivem Kornblumenblau.

Die glitzernden Wellen auf dem See.

Das Prickeln und Kribbeln erster und letzter Küsse. Sanfter und hungriger.

Alles Impressionen, die wir nicht oder nur eingeschränkt erfahren könn(t)en, wenn einer unserer Sinne nicht mehr mitmacht.

Und die sinnliche Komponente ist es auch, die meine beiden, so unterschiedlichen Themenschwerpunkte in diesem Eintrag vereint:

Schreibupdate:

Wie ich hier bereits an anderer Stelle habe verlauten lassen, ruht „Am Anfang war Lila“ bis zur Fertigstellung meines Liebesromans, den ich nach wie vor Kapitel für Kapitel auf Wattpad online stelle. Die Community dort verfügt über zwei Ebenen. Auf der ersten, für jeden offensichtlichen, tummeln sich insbesondere die Teenager mit ihren Badboy- und Fanfictionstories. Doch unter der nicht unbedingt immer schillernden Oberfläche existiert eine Art Undergroundszene von passionierten Schreibern und Lesern zwischen 16 und 60,  die diese Plattform zu einer so unglaublichen Bereicherung für mich machen. Das Feedback, das ich dort erhalte, ist äußerst motivierend und auch lehrreich. Vor allem zeigt es mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin und der Traum von der Schriftstellerei keiner bleiben muss.

Schon bevor ich mich dort angemeldet hatte, habe ich ein wenig recherchiert, wie Verlage mit Manuskripten verfahren, die auf Wattpad komplett oder teilweise veröffentlicht werden. Gerade Verlage, die selbst digitale Imprints im Portfolio haben, scheinen durchaus aufgeschlossen für diese Entwicklung und sehen es nicht als Manko an, wenn ein Roman auf Wattpad schon ein Publikum gefunden hat. Im Gegenteil. Sicherheitshalber habe ich vor einigen Wochen ein großes Verlagshaus angeschrieben, von dem ich weiß, dass es internetaffine Autoren schätzt und habe einfach mal ganz frech nachgefragt, ob ich meinen Roman trotz seines Wattpadauftritts bei ihnen einreichen dürfte. Sie haben mir grünes Licht gegeben. Also nutze ich weiterhin munter den Austausch auf Wattpad und freue mich über die Kommentare meiner „Betaleser“ dort.

Insbesondere hinsichtlich der letzten drei Kapitel sind die Meinungen der Leser Gold wert. Denn erotische Szenen stellen für mich ein relativ unbekanntes Terrain dar. Zumindest aus schreiberischer Sicht.

Die Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und im ersten Teil lege ich den Schwerpunkt auf die Entstehung dieser ungewöhnlichen, um nicht zu sagen unmöglichen Liebe. Die Szenen sind größtenteils ziemlich dialoglastig, da ich nah an das Geschehen heranzoome und die Kostbarkeit und die Magie dieser Begegnungen, die über ein ganzes Leben hinweg betrachtet, doch rar und zugleich prägend sind, so detailliert und intensiv wie möglich beschreiben möchte.

Vor diesem Hintergrund empfände ich es selbst als total verlogen, wenn ich, sobald es „ans Eingemachte“ geht, plötzlich von der Mikro- auf die Makroebene umswitche, vage und/oder mit metaphorischen Weichzeichner über die körperliche Vereinigung hinwegwische oder im entscheidenden Moment dezent ausblende. Also Augen zu und durch.

Im Nachhinein muss ich nun sagen, dass auch das Schreiben dieser delikaten Kapitel durchaus seinen Reiz hatte. Obwohl es ein ständiger Drahtseilakt war. Über den Abgründen Kitsch, Lächerlichkeit, Vulgarität und Pornographie. Und in keinem dieser Pfründe wollte ich landen. Jedes Mal, wenn einer meiner Leser sich besagten Kapiteln näherte, hatte ich noch mehr Herzflattern als meine Protagonisten. Umso glücklicher war ich, als die Resonanz so überwältigend positiv ausfiel.

Sinnliche Sequenzen können eine Geschichte in ungeahnte Höhen katapultieren oder sie komplett zerstören. Und wenn ich es vermag, auch den Puls meiner Leser beschleunigen, ist das ein irres Gefühl. Zu sehen, wie sie mitfiebern, mitleiden, mitlachen und mitlieben. Dafür schreibe ich. Um in andere Leben und Welten zu entführen und geneigten Leseratten zu einer kleinen, zauberhaften Flucht aus dem Alltag zu verhelfen.

Genügend schwülstiges Zeug gelabert. Daher nun ein radikaler Schwenk zu einem völlig unromantischen, grausig bis lustigem Abturner-Thema:

Erfahrungsbericht Nasennebenhöhlen-OP:

Der ein oder andere wird es schon mitbekommen haben, dass ich mich nun endlich entschlossen habe, diesen Eingriff vornehmen zu lassen. Nach zwanzig Jahren chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen, fast vollständigen Verlust des Geruchssinnes und ständigen Erkältungen.

Warum ich so lange um diese Operation herumgeeiert bin, hatte vornehmlich zwei Gründe: Zum Einen wollte ich mir halbwegs sicher sein, dass Mord und Todschlag weder für meinen Mann, noch für meine Kinder eine adäquate Lösung für häusliche Dispute darstellte, bevor ich sie für ein paar Tage sich selbst überließ.  Daher mussten wir abwarten, bis die Mädels zumindest aus dem Gröbsten draussen waren, wie man so schön sagt. Zum Anderen fand ich die OP- Risiken im Allgemeinen und vor allem im Speziellen nicht so wirklich verlockend. Insbesondere die Vorstellung,  dass aufgrund der Wucherungen am Siebbein und in der Stirnhöhle in Hirnnähe herumgewerkelt würde, bewirkte, dass sich mir die Nackenhaare einzeln aufstellten. Außerdem klammerte ich mich krampfhaft an die rudimentären Reste dessen, was einmal ein Geruchssinn war und die Wahrscheinlichkeit, ihn durch die OP komplett zu verlieren, war gegeben.

„Wenn Sie die OP jetzt nicht bald machen lassen, haben Sie ganz andere Probleme als den Verlust Ihres Geruchssinnes!“ Dieser Satz und die nachfolgenden, die in dem Aufklärungsgespräch mit den Ärzten in der Klinik fielen, haben mich dann doch ausreichend aufgerüttelt. Nein, ich hatte wahrlich keine Böcke, wegen meiner Nasenprobleme über kurz oder lang ins Gras zu beißen.

Die OP wurde für drei Wochen später anberaumt und bis dahin musste ich mich durch eine Menge Papierkram inklusive teils furchterregendem Kleingedrucktem, welches ich nur mit einem halben Auge überflogen habe, kämpfen. Als Zuckerl oben drauf durfte ich prä- (und auch post-)operativ hochdosiertes Cortison schlucken, welches so einige spaßige Nebenwirkungen im Handgepäck mit sich führte. Angefangen von Herzrasen, über Schlaflosigkeit (und das mir, die sowieso kaum schläft)  bis hin zu Taubheitsgefühl in Fingern und Zehen. Ich hatte echt das Gefühl, ich sei auf Droge. Allerdings hat das Zeug auch in positiver Hinsicht wirklich reingehauen. Nach ein paar Tagen konnte ich wieder hunderttausendmal mehr riechen und schmecken als in den vergangenen vier Jahren. Was mich in euphorische Hochstimmung versetzte.

„Ich fühle mich jetzt schon wie neugeboren“, schmetterte ich daher dem Herrn Professor am Tag vor der OP entgegen.

Mein Enthusiasmus sorgte zwar für eine gewisse Erheiterung seinerseits, aber die sachliche Antwort ernüchterte mich schlagartig:

„Na, so toll, wie Sie meinen, sieht es leider noch nicht aus. Hinten läuft noch ordentlich Eiter in den Rachen und vor allem um das Siebbein herum ist alles nach wie vor verschattet. “ Mit einer vielsagenden Geste tippte er auf das DVT-Bild, das wenige Stunden zuvor angefertigt wurde und als Straßenkarte für die elektronische Navigation während der OP dienen sollte.

Im Anschluss stattete ich der Anästhesie einen Besuch ab. Als die diensthabende Ärztin mir erklärte, dass während der Vollnarkose mein Körper komplett gelähmt sein würde, weil jede kleinste Muskelzuckung schon fatale Folgen, beispielsweise eine Hirnverletzung, nach sich ziehen könnte, war nicht mehr viel von meiner guten Laune übrig.

‚Und was, wenn genau in dem Moment, wo ich da so völlig hilflos auf der OP-Pritsche liege, eine Horde Zombies angreift und alle aus dem Krankenhaus flüchten?‘  Immerhin sprach ich diese Gedanken nicht laut aus. Das wäre dann doch zu peinlich gewesen. Ja, wahrscheinlich hatte ich einfach eine Überdosis „The Walking Dead‘ konsumiert. Zu guter Letzt eröffnete sie mir, dass ich ein Nebengeräusch am Herzen hätte und daher auch noch ein Echo gemacht werden müsste. Und das waren nicht einzigen Untersuchungen an diesem Tag. Mein Herzerl ist zum Glück pumperlgesund. Wenigstens ein Trost, nicht wahr?

Routiniert wurden die verschiedenen Nasenpatienten von Arztzimmer zu Arztzimmer geschleust. Und immer wieder traf man auf die gleichen Gesichter. Erkennend, aufmunternd und auch ein wenig gequält lächelten wir Leidensgenossen uns zu. Zwischen den verschiedenen Terminen blieb meist gar nicht soviel Wartezeit, wie ich ursprünglich mit eingeplant hatte.  Trotzdem war ich froh, dass ich mich mit meinem Ebookreader und einem neuen Gruselroman bewaffnet hatte.

Es mag blöd klingen, aber ich hatte mich regelrecht auf diesen Tag gefreut, an dem ich noch halbwegs einsatzfähig und das erste Mal seit Langem ohne Nachwuchs unterwegs war. Als sich ein kleines Zeitfenster von einer Dreiviertel Stunde eröffnete, bin ich sofort ins Krankenhauscafé gesprintet, um es mir mit einem Latte Macchiato und Kuchen auf der Terrasse gemütlich zu machen. Leider waren mir nicht mehr als fünf Minuten Ruhe vergönnt, bevor sich ein „obercooler“ Endvierziger neben mir niederließ, mit der Begründung, dass er aufgrund der brutalen Sonneneinstrahlung mit unter den Schirm müsse. Alles klar. Gab ja nur den einen Sonnenschirm weit und breit. Haha. Kostbare Minuten verstrichen, bis ich den Typen endlich vergrault hatte.

Am nächsten Tag um 06.45Uhr wurde meine Hoffnung auf ein Einzelzimmer, für das ich mein letztes Hemd gegeben hätte, jäh zerschlagen. Jegliche Bestechungsversuche schlugen fehl. Zumindest konnte man mir ein Zweitbettzimmer in Aussicht stellen. Auch nur mit Zuzahlung, versteht sich.

Kurz darauf hatte ich schon die nächste Auseinandersetzung. Mit Zenzi (Name v. Verfasser geändert), der OP-Schwester. Die Patienten wurden vor ihren Eingriffen in einem adretten Wartezimmer-Auffangbecken gesammelt. Schwester Zenzi schaute in regelmäßigen Abständen herein, um Inventur zu machen, die Leute im Zweierpack abzuholen und in die Umkleide und anschließend in den Aufwachraum zu geleiten, wo die letzten Vorbereitungen für die OP getroffen wurden. Irgendwann rief Schwester Zenzi auch mich auf und der Satzbrocken „ist ja was Kurzes“ ließ mich aufhorchen. Alarmiert fragte ich, ob das wirklich stimmen könnte, da mein Eingriff als „nicht ohne“ klassifiziert und für ca. 2 Stunden anberaumt war. Irgendwie flammte in mir in diesem Moment nämlich eine irrationale Angst auf, verwechselt worden zu sein, was ich natürlich um jeden Preis verhindern wollte. Zumindest, solange ich noch bei Bewusstsein war.

Schwester Zenzi verstand mein Anliegen völlig miss und erwiderte patzig:
„Wir haben auch 12-Stunden-OPs. Und mit „kurz“ meinte ich das Kind, das vor Ihnen reingeschoben wurde.“ Ok. Dann war ja alles gut. Schwester Zenzi allerdings machte auch zehn Minuten später, als ich im schicken OP-Outfit vor ihr stand, noch immer einen leicht angefressenen Eindruck. Und ich fühlte mich bemüßigt, mich zu entschuldigen. Die richtige Entscheidung. Augenblicklich klärte sich ihre Miene:

„Kein Problem“, lachte sie. „Sind Sie Lehrerin?“

Hä? Vielleicht sollte ich mein Eigen- und Fremdbild bei Gelegenheit einer Abweichungsanalyse unterziehen.

Ein paar Minuten später war ich schon wieder reif für die nächste, unfreiwillige Showeinlage. Auf dem Weg zur Toilette schritt ich erhobenen Hauptes an der langen Reihe hauptsächlich männlicher Mitpatienten vorbei und dachte dabei nicht im Traum daran, mein Hemdchen an der Seite züchtig zusammen zu raffen. Erst als ich kurz darauf ein junges Mädchen dabei beobachtete, fiel auch bei mir der Groschen und ich wusste die amüsierten Blicke, die mich auf meinem Gang zum WC begleitet hatten, plötzlich zu deuten. Dabei hätte das Mädel es sich im Gegensatz zu mir durchaus erlauben können, sich derart neckisch zu entblößen. Sie hatte mit Sicherheit den knackigeren Hintern von uns beiden.

Zum Glück hatte ich keine Zeit, ausgedehnt darüber nachzusinnen, denn da war schon ein lächelnder Medizinstudent im Anmarsch, der mir den Zugang legen sollte.

„Das wird nix“, meinte ich gleich, als er mir an meinem Handrücken herumfummelte. Ich weiß noch, was das bei der Geburt meiner zweiten Tochter für ein Akt war, an dieser Stelle die Kanüle zu verstauen.

„Ist Politik des Hauses, es mal unten zu versuchen, bevor man weiter hochwandert“, antwortete er und stocherte konzentriert weiter. Um dann doch bald aufzugeben. In der Armbeuge war es dann kein Problem. Hat er super hinbekommen, der Knabe. Student hin oder her. Er war es dann auch, der mich in den OP begleitet hat, wo mich schon ein ganzes Heer aus Ärzten und Schwestern erwartete, die auch allesamt gleichzeitig damit anfingen, an mir herumzuwurschteln.

„Das ist schon komisch, wenn so viele Hände an einem herumzupfen, oder“, meinte eine der grünbekittelten Gestalten prompt.

„Nicht wirklich“, erwiderte ich. „Da bin ich von meinen Kindern Schlimmeres gewohnt.“ Allgemeines Gelächter. Und am lautesten lachte der Medizinstudent. Überhaupt herrschte im OP ein angenehm heiteres Klima. Schade, dass ich nur noch wenige Minuten etwas davon mitbekam.

Bevor mir die Maske aufgesetzt und das Schlafmittel injiziert wurde, interviewte mich der Anästhesist noch ausgiebig zu meiner Insomnieproblematik.

„Das kriegen wir hin. Zumindest für die Dauer der OP“, lächelte er zuversichtlich. Dann wandte er sich dem Bildschirm zu:

„Wie alt sind Sie? 25?“ Ein Spruch, der bestimmt bei 99,9% der weiblichen OP-Kandidaten über 30 gut ankam. Und ich bildete da keine Ausnahme.

„Vielen Dank. So jung hat mich schon lange niemand mehr geschätzt!“

„Nein, ernsthaft.“

„40.“

Betretenes Schweigen.

Viele sagen ja, dass man während einer Vollnarkose die wildesten und buntesten Träume hat. Doch das kann ich nicht bestätigen. Ich hatte lediglich einen absoluten Filmriss, der in dem Moment beendet wurde, als mich Schwester Zenzi sanft aus dem Schlummer rüttelte. Bevor ich wieder wegduselte, checkte ich gleich mal, ob mein Hirn noch ordnungsgemäß funktionierte und ich war überaus dankbar, dass es tatsächlich intakt schien. Ich würde das Krankenhaus also voraussichtlich nicht als lallender Pflegefall verlassen.

Meine Nase war völlig zubetoniert mit Tamponaden, der Schiene für die Nasenscheidewand,  Blut und anderen Sekreten. Die massive Schwellung nicht zu vergessen. Klar, dass die Nasenatmung für`s Erste völlig passé war. Da hatte ich mich allerdings schon vorher keinerlei Illusionen hingegeben. Ich hatte gewusst, was mich erwartet. Und die Tatsache, dass ich schon vor der OP so gut wie keine Luft durch die Nase bekam, hat es für mich wahrscheinlich leichter gemacht als bei weniger schwerwiegenden Fällen. Schließlich hatte ich die Mundatmung inzwischen perfektioniert. Angenehm geht trotzdem anders. Zumal ja auch permanent alles Mögliche den Schlund hinunter läuft. Und schluckt mal mit zugehaltener Nase. Nicht so einfach. Da kann man schon Beklemmungen bekommen.

Folglich nuckelte ich die ersten zwei Tage nur schlückchenweise Wasser mit dem Strohhalm aus der Flasche. Essen war überhaupt nicht drin. Die ersten Tamponaden wurden zwei Tage nach der OP gezogen, die restlichen am vierten Tag, an dem ich auch entlassen wurde. Dass das ganze Zeug in meiner Nase so auf die Tränenkanäle drücken würde, ich daher am Dauerweinen war und deshalb auch nix lesen konnte, hatte ich allerdings nicht mit eingerechnet. Das war schon fies. Und natürlich habe ich die ersten beiden Nächte nicht geschlafen. Bin nur mal minutenweise weggeknickt. Liegen ging auch nicht. Aber sogar das bin ich gewohnt. Zum Glück ließ sich das Rückenteil des Bettes in einem 90-Grad-Winkel zum Rest positionieren und mit ein paar Kissen im Kreuz war es aushaltbar. In der dritten Nacht habe ich dann eine Schlaftablette bekommen, die mich zunächst auch einschlummern ließ. Allerdings hat mich dann nach einer halben Stunde ein Anfall von akuter Atemnot ereilt. Ein Schwall Sekret hatte sich im Rachen gesammelt und ich bekam plötzlich überhaupt keine Luft mehr. Es dauerte eine gefühlte, panikerfüllte Ewigkeit, bis ich mich endlich aus dem tranceähnlichen Zustand, in den mich die Schlaftablette manövriert hatte, befreien konnte. Röchelnd schoss ich in die Höhe und habe damit meine Zimmerkollegin fast zu Tode erschreckt.

Mit dieser überaus patenten, 86jährigen Dame hatte ich übrigens großes Glück. Sie störte sich nicht daran, dass ich auch Nachts ständig am Herumwuseln war und ich störte mich nicht daran, dass sie mich schon um 05.00Uhr Früh mit Anekdoten von anno dazumal beglückte. Im Gegenteil. Resi (Name v. Verfasser geändert) hat bereits ein sehr bewegtes Leben hinter sich und wirklich spannende Stories auf Lager. Und es war irgendwie äußerst erfrischend und ermutigend zu sehen, wie ausgesprochen fit in der Birne man auch noch im hohen Alter sein kann. Ihre Freundinnen waren übrigens vom gleichen Schlag. Hach, was haben wir zusammen gekichert. Über nicht immer ganz so jugendfreie Späßchen. Resi und ich waren ein gutes und relativ autarkes Dreamteam. Sie unterhielt, bemutterte und tröstete mich und ich brachte ihr Wasser, half ihr aufs Klo, programmierte ihre Handy und drapierte die Vorhänge so, dass die Sonne sie nicht blendete. Die Schwestern wussten es auch zu schätzen, dass wir so gut wie nie geklingelt haben. Win-win-win.

Die Schmerzen waren übrigens absolut erträglich. Anfangs sicherlich dank der ganzen Schmerzmittel, mit denen ich mehr als großzügig versorgt wurde. Aber ab dem vierten Tag ließ es auch gut ohne aushalten. Die Vollnarkose hat mich schon ziemlich weggeschossen. Weiß der Himmel, was sie mir da angesichts meiner Neigung zu Übelkeit, Schlaflosigkeit und massiven Nachblutungen für einen Cocktail gemixt haben. Aber es war gut so. Zumindest war ich dann den kompletten OP-Tag noch leicht weggetreten und kotzen musste ich auch nicht.

Inzwischen bin ich ja nun schon wieder anderthalb Wochen zu Hause und ich muss sagen, dass es mir von Tag zu Tag ein Stückchen besser geht. Das „ganz neue Lebensgefühl“, welches jetzt schon viele bei mir vermuten, wird sich freilich erst dann einstellen, wenn alles abgeheilt ist und die Schleimhäute nicht mehr Amok laufen und Massen an üblem Zeug produzieren, auf das ich hier meinen Lesern zuliebe nicht näher eingehen will. Aber ich kann bereits wieder ein wenig riechen und schmecken – allein das war den Eingriff schon wert und auch die Nasenatmung funktioniert allmählich wieder.  Aktuell muss ich noch alle paar Tage zur Kontrolle und zum Absaugen abwechselnd ins Krankenhaus und zum HNO. Denn derzeit darf ich nur spülen, nicht schneuzen. Freibad, Trampolin und Sport jeglicher Art sind zu meinem und dem Leidwesen der Kinder leider auch noch nicht drin. Aber bald.

Einstweilen ergötze ich mich daran, dass mein Geruchssinn langsam aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Nur jemand, der zumindest zeitweise unter Anosmie zu leiden hatte, kann verstehen, warum ich fast in Tränen ausbreche, weil ich den Babyduft meines Ämmale, der ihr zum Glück noch anhaftet,  wieder wahrnehmen kann.

So, nun schließe ich meine Krankenakte für`s Erste. In Sachen Abnahme habe ich übrigens die 15kg voll gemacht inzwischen, aber ansonsten dümpelt dieses Projekt etwas uninspiriert vor sich hin, bis ich wieder in der Lage bin, mich körperlich auszupowern.