Beginnen wir mit dem Ernährungsupdate. Das bin ich euch schon lange schuldig. 

Zwei Monate lange habe ich mich tatsächlich fast ausschließlich ketogen ernährt. Unterbrochen von flüchtigen Low-Carb-Versuchen, die mir aber gezeigt haben, dass ich sofort wieder „voll auf Zucker“ war, sobald ich kohlenhydratreichere Lebensmittel in den Speiseplan aufnahm.

Nach diesen gescheiteren Ausflügen auf die Nur-ein-paar-Carbs-Schiene hatte ich mich also damit abgefunden, mich Zeit meines restlichen Lebens ketogen zu ernähren. 

Bezüglich der Lebensmittelauswahl ist mir das nicht sonderlich schwergefallen. Es gibt unzählige schmackhafte, gesunde und wohltuende ketogene Gerichte.  Zudem ist der Zuckerjieper in der Ketose wirklich völlig passé. 

Was nicht heißen soll, dass ich nicht dankbar dafür war, auch mal ein paar Beeren mehr verspeisen zu können, ohne gleich aus der Ketose zu fliegen. 

Ich bin ja tagtäglich sehr viel in Bewegung und ich habe festgestellt, dass ich nach einem 10km-Marsch mit Chinook ein gewisses Zeitfenster habe, indem mir auch ein Pfund Erdbeeren ketotechnisch nicht zum Verhängnis wird. 

Soweit ich weiß, ist dieses „magische“ Zeitfenster Teil des Keto-Cycling-Prinzips, mit dem ich mich allerdings nicht näher befasst habe. 

Jedenfalls hätte ich in diesem Intervall wahrscheinlich sogar einen Berg Pasta essen können, ohne dass diese Ausschweifung meinen Blutzuckerspiegel groß tangiert hätte.

Nichtsdestotrotz hätte mich die Kohlenhydratflut direkt wieder in die klebrigen Arme des Zuckermonsters getrieben. „Mich“ steht hier weniger für meinen Körper als für meinen Geist. Und der ist ein echter Quäl-Geist.

Eine lange Zeit hatte die ketogene Ernährung nur Vorteile für mich. Ich fühlte mich frei von der Zuckersucht und total fit in der Birne. Auf physischer Ebene registrierte ich zu Anfang sogar einen Konditionszuwachs. Die Angst, dass mir ohne Carbs der Kreislauf schlappmacht, schien unbegründet.

Die paar verlorenen Kilos motivierten mich zu Beginn ebenfalls, am Ball zu bleiben. Allerdings lässt sich mein Körper nach all den essgestörten Jahrzehnten nichts mehr vormachen. Was die Sättigung angeht, ist es ihm scheißegal, ob die Kalorien aus Fetten, Eiweiß oder Kohlenhydraten kommen. Viele Ernährungsprofis werden mir widersprechen und diesen Standpunkt als völlig veraltet deklarieren, aber das sind nun mal meine persönlichen Erfahrungswerte. Und ich glaube am ehesten das, was ich am eigenen Leib spüre. 

Zu oft habe ich es inzwischen erlebt, dass mein Körper zu Beginn einer Ernährungsumstellung zunächst irritiert ist. Während seiner Neuorientierungsphase nehme ich oft ein wenig ab und brauche insgesamt weniger Brennstoff. Teils ist das bestimmt auch psychisch bedingt.  Stichwort „Anfangseuphorie“. Wobei die bei mir auch mit jedem Mal weniger wird.

Aber spätestens nach ein paar Wochen weiß der Body wieder, wo`s lang geht und dann holt er sich seine Energie. Und zwar zuverlässig mindestens die Menge, die ihn beim aktuellen Kampfgewicht hält.

Das finde ich auch nicht weiter schlimm, denn dass ich in meinem Leben jemals nochmal dünn sein würde, habe ich mir eh abgeschminkt. Manchmal blitzt ein wenig Wehmut auf, aber die verschwindet auch schnell wieder.  Schlankheit aus rein ästhetischen Aspekten heraus ist mir schon lange nicht mehr wichtig genug. 

Es laufen so viele dünne und verhärmte Hackfressen herum. Ein Mehr an Ausstrahlung ist in meinen Augen attraktiver als ein Weniger an Kilos.

Doch ich will das nicht pauschalisieren. Inzwischen betrachte ich Schönheit ganzheitlich,. Nicht unabhängig von der körperlichen Gestalt, da ja einem Menschen meist auch deutlich anzusehen ist, ob er sich wohl fühlt – in seinem Selbst und seiner physischen Hülle. 

Wenn beides harmoniert und mich auf einer angenehmen Frequenz anfunkt, dann ist dieser Mensch in meinen Augen und meinem Herzen schön. Gleich, ob schlank oder üppig.

Aus gesundheitlichen Gründen muss ich nicht abnehmen. Da ist bis auf die üblichen Pappenheimer soweit alles im grünen Bereich. 

Insomnia schert sich einen feuchten Dreck darum, wie viel ich wiege, Und auch die Ketose vermochte sie nicht nachhaltig zu beeindrucken. Die Schlaflosigkeit hat sich während der „Keto-Diät“ zuerst verschlechtert, dann verbessert und schließlich war wieder alles beim Alten. 

Dennoch überwogen für mich die Vorteile der ketogenen Ernährung und ich hätte wohl ewig damit weitergemacht, wäre mir nicht eines Tages doch die Kraft ausgegangen.

Bereits nach anderthalb Monaten merkte ich, dass mir lange Läufe mit dem Hund immer schwerer fielen. 4-5km waren nach wie vor kein Problem, aber spätestens ab Kilometer 8 hatte ich zu kämpfen. Und das kenne ich so überhaupt nicht. Im Grunde kann ich auch 20 km stramm durch marschieren. Mein Problem ist eher, dass mir irgendwann die Haxen weh tun. Aber Kraft habe ich meist mehr als genug. Es sei denn, ich habe eine komplett schlaflose Nacht hinter mir oder einen Infekt in den Knochen.

Aber ich wollte nicht wahrhaben, dass die zunehmende Schwäche vielleicht doch mit der Ketose zusammenhing. Daheim und bei kurzen Anstrengungen war alles okay und mental war ich nach wie vor sehr klar und fokussiert. Also hab ich es einfach hingenommen, dass die Spaziergänge mit Chinook zum Ende hin immer mehr zum Kraftakt mutierten.

Bis zu jenem Tag, an dem ich dachte, ich schaffe es nicht mehr heim, obwohl ich nicht einmal mehr 1km vor mir hatte. Mir war schwindelig, schlecht und kalter Schweiß stand mir auf der Stirn. Chinook war plötzlich lammfromm – auch ein untrügliches Zeichen dafür, dass mit dem Frauchen etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Ich hab mich noch bis zur nächsten Bank geschleppt und da saß ich dann. Mindestens eine halbe Stunde. Irgendwann sind wir schließlich im Schneckentempo nach Hause geschlichen und ich hatte nur 2 Gedanken im Kopf:

„Nudeln!!!!!“

Und:

„Kaum geht’s mir schlecht, lässt Chinook mit seiner extremen Rücksichtnahme jeden Blindenhund vor Neid erblassen. Interessant.“ 

Ein kurzer „Verschlurferer“, der meinen Tritt aus dem Takt brachte und schon erntete ich einen besorgten Blick aus warmen Hundeaugen. Mein Bubi trottete so eng neben mir her, als wollte er mich im Fall des Falles auffangen.

Daheim habe ich mir sofort eine Riesenladung Kohlenhydrate reingepfiffen. Schlagartig kehrte meine Kraft zurück. Der Zuckerhunger leider auch.

Kurz nach diesem Erlebnis ging es bei uns mit der Badrenovierung los und die Belastung durch Dauerbaustelle, den damit verbundenen Lärm, den vielen Leuten, dem Mangel an Privatsphäre usw. hat mein Stresslevel derart gepusht, dass ein Zurück zur kohlenhydratfreien Ernährung für mich undenkbar war.

Es kam, wie es kommen musste: Ich bin richtig derbe abgestürzt und obwohl ich weiß, dass ich mir pures Gift in den Blutkreislauf pumpte, habe ich Süßkram in mich reingeschaufelt, als ob es kein Morgen gäbe. Und bei diesem exoribitanten Zuckerkonsum ist tatsächlich die Frage, wie viele Morgen der Körper noch zu erleben in der Lage ist.

Aber ich konnte einfach nicht anders.  

Und irgendwann hat mein Geist resigniert und meinem Körper das Ruder überlassen. 

Ab da wurde es besser. 

Nicht gut, aber besser.

Momentan richte ich mich nach meinen Körpersignalen, esse die meiste Zeit nach Hunger und achte auf die Sättigung. Falls ich mich doch mal überfresse, warte ich, bis ich wieder richtig Kohldampf habe und das kann ganz schön lange dauern. Aber nehme ich dann schließlich etwas zu mir, ist das dann meistens nicht nur Müll, weil ich Bock auf etwas Richtiges habe. Doch auch diesen Zustand hatte ich schon öfter erreicht. Und ich weiß, dass das keine Heilung ist. Dazu mache ich dieses Spielchen schon viel zu lange mit,

Dabei hätte ich mir für mich selbst, für Fenja aus „FSK 40“ sowie für meine Leser eine handfeste und dauerhafte Lösung gewünscht. 

Immerhin weiß ich inzwischen, dass ich nicht esse, bis ich platze. Irgendwo existiert in mir doch noch eine Art natürlicher Regulationsmechanismus, der sogar dann greift, wenn ich die Zügel nicht nur locker, sondern völlig loslasse. 

Jetzt wollte ich mit Fenja eine elegante Überleitung zu meinen Kämpfen und Niederlagen an der Schreibfront schaffen, aber leider hab ich den Einsatz verpasst.

Also benutze ich diesen kleinen Schnipsel als plumpen Raumteiler und Signal an meine lieben Instaleute und FBler, dass sie ab hier nix mehr verpassen. 

Kaum hatte ich mich nämlich darüber ausgelassen, dass ich mich derzeit schwer damit tue, in fiktive Welten abzutauchen, eroberte mich das Schreiben mit aller Macht zurück.

Und nun hat es mich wieder. 

Ich weiß nicht, ob ich mir selbst einen Gefallen damit tue, euch an meinen Kämpfen bezüglich der Schriftstellerei teilhaben zu lassen. Professionell ist das sicherlich nicht, aber authentisch. Und ich glaube, Letzteres ist wichtiger. 

Grundsätzlich bin ich jemand, für den innere Zerrissenheit schon fast ein Lebensmotto ist bzw. die Heilung derselben eine Lebensaufgabe.  Und betroffen davon sind nahezu alle Lebensbereiche. Warum also sollte es mit dem Schreiben anders sein?

Mein „Warum“ in Worte zu fassen – sowohl das „Warum dagegen“ als auch das Warum dafür“ bzw. „wofür“, kann eine Schneise in den Dschungel schlagen, der in meinem Herz und Kopf wuchert und das Fruchtbare und Schöne dieser Wildnis zum Vorschein bringen und verhindern, dass sie mich verschluckt. 

Warum noch schreiben, wenn heutzutage die KI binnen Minuten eine spannende Geschichte zaubert, für die sich unsereins monate- oder sogar jahrelang abmüht?

Warum noch schreiben, wenn gefühlt immer weniger Menschen lesen und immer mehr stattdessen netflixen? Ja, es gibt auch solche, die lesen UND netflixen, aber oft ist es ein „entweder oder“ und dann siegt nicht selten das Oder. 

Bei mir ist das „Oder“ meist die Gitarre. Daher liegt mir so viel daran, die Worte mit der Musik zu verbinden. Ich will mich nicht gegen das Eine und für das Andere entscheiden. Ich kann mich nur für BEIDES entscheiden.  Und nichts – außer Zeit – steht dem entgegen. Aber (keine) Zeit ist halt nun mal der Endgegner. 

Und ich will ehrlich sein: Immer wieder habe ich mich gefragt, ob ich diese wenige Zeit mit Worten füllen oder gar vergeuden (?) soll.

Doch Worte sind nicht weniger als Taten. Worte SIND Taten. 

Mit meinen Romanen möchte ich unterhalten und berühren und im Rahmen meiner Möglichkeiten auch Unterstützung zu bieten. Sei es, indem ich meine Leser mittels einer spannenden Geschichte zumindest kurzzeitig von ihrer Alltagslast und chronisch zermürbenden Sorgen befreie oder sei es, indem ich ihnen das tröstliche Gefühl vermittele, mit ihren Konflikte, Ängsten und Sorgen nicht allein zu sein. 

Es ist erstaunlich, wie viele Probleme, so speziell und absurd sie auch erscheinen mögen, weil sie in der „offiziellen“ Gesellschaft kaum thematisiert werden, in Wirklichkeit gar nicht so „besonders“ sind, sondern einen ganzen Haufen Leute quälen. Und allein dieses Wissen kann schon helfen, auch wenn man für das eigentliche Problem keine (abschließende) Lösung parat hat. Siehe beispielsweise oben. Höhö.

„Hoppla, da trägt sich ja einer mit den gleichen Gedanken und Gefühlen wie ich.  Vielleicht bin ich gar nicht so krank und verrückt. Vielleicht bin ich einfach nur ein Mensch – echt und widersprüchlich, mit hellen und mit dunklen Seiten und sämtlichen Abstufungen dazwischen.“

Versteht mich nicht falsch: Ich bin absolut gegen Konformismus und ich finde es äußerst begrüßenswert, dass Menschen zunehmend in ihrer Individualität akzeptiert und respektiert werden. Doch ein zu starker Fokus auf die Einzigartigkeit des eigenen Selbst kann auch dazu führen, dass man sich sehr einsam, unverstanden und „unverbunden“ fühlt. 

Es gibt einen Unterschied zwischen Schubladen und Mustern. Schubladen sind klar abgegrenzt, nüchtern, wertend, nicht variabel. In Schubladen wird man gesteckt. Und einmal drin, kommt man so schnell nicht wieder raus. 

Muster sind vielschichtiger, bunter – ein Labyrinth aus vielen Gängen.  Die Gefahr, sich darin zu verlaufen, ist groß. Die Chance, neue Wege zu erschließen, aber auch. Und Muster können sich verändern, sich mit anderen Mustern verbinden und je nachdem, aus welcher Perspektive man sie betrachtet, komplett unterschiedlich aussehen.