Feuerhimmel oder Höllenfeuer? Aber was hat dann der Kirchturm da verloren?

Bevor es einen mit Haut und Haar verschlingt, sollte man das Feuer in sich vielleicht eine Weile auf Sparflamme halten und es nicht noch zusätzlich anfachen. 

Wobei gerade kreative Kräfte sich oft im Rausch entfesseln.

Hinzu kommt, dass ich schon immer ein Mensch war, der sehr intensiv wahrnimmt. Intensiv schön oder intensiv schrecklich. Je nachdem. 

Allerdings ist mein Bedürfnis nach Ruhe, Gelassenheit und SCHLAF nun, da ich schon wieder geraume Zeit am Rande der Erschöpfung entlangtaumele, exorbitant.

Passion und innere Ruhe.

Für mich geht das leider nicht zusammen.

Zumindest nicht gleichzeitig. 

Höchstens abwechselnd. 

Rhythmisch.

Phasen der Anspannung werden von solchen der Entspannung abgelöst. 

So soll das sein.

Sympathikus und Parasympathikus als gleichwertige Gegenspieler. 

Lehrbuchmäßig.

Aber in mir ist inzwischen nur noch Aufruhr. Und gar keine Entspannung mehr.

Rastloses Getriebensein.

Sich Treibenlassen nur in einer dekadenten Form. 

Ich neige dazu, mich von dunklen Strudeln betören und mitreißen zu lassen. 

Wenn ich alltagstauglich und handlungsfähig bleiben will, sollte ich um diese Strudel tunlichst einen großen Bogen machen. Wenn ich jedoch in meine eigenen Abgründe schauen will … dann nicht. Und ich bin durchaus dankbar für diese Offenbarungen und tiefen Empfindungen.

Auch die Sinnfrage treibt mich an und um … aber wenn ich zu lange auf ihr herumkaue, zerfasere ich die potentielle Antwort bis hin zur Unkenntlichkeit und zum totalen Geschmacksverlust.

Ich hatte das als Jugendliche ganz extrem:  Dass ich alles und jedes nach seinem tieferen Sinn hinterfragt habe. Mit der Folge, dass alsbald meine Lebensfreude komplett auf der Strecke blieb.

Denn die Krux bei der ganzen Sinnsuche ist die, dass ausgerechnet jene Dinge und Aktivitäten, die rational betrachtet am wenigsten Sinn machen, einem zumindest kurzfristig oft die größte Freude und Erfüllung bescheren.

Womit wir auch beim Schreiben und beim Lesen wären. Die ständige Frage, ob das Lesen und Schreiben von Romanen Sinn macht, hat mich gerade seit Coronabeginn regelrecht blockiert. 

Zerstreuung und Unterhaltung erschienen mir nicht mehr als sinnvolle Motive. Ja, ja, ich weiß … gerade in solchen Zeiten giere der Mensch nach Ablenkung … nach Popcornkino … und Geschichten, in denen die Welt noch in Ordnung sei … blablablub.

Ich nicht.

Im Gegenteil. 

Friede, Freude, Eierkuchen, stereotype 0815-Illusionen, verklärte und verkitschte Kochrezeptgeschichten, Gut und Böse, schwarz und weiß, sowie moralinsaure, genormte Happy Ends – all das finde ich inzwischen unerträglich. 

Als jemand, der selbst schreibt, fällt es mir schwer, unvoreingenommen an Texte und Geschichten heranzugehen. 

Immer sehe ich den Autor dahinter, die Konstruktion statt des fertigen Gebäudes. 
Was nach Schema F errichtet wurde, fällt binnen kürzester Zeit in sich zusammen. In Plotholes plumpse ich sofort und ward dort auch auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Logikschwächen und leere Phrasen kicken mich im Nullkommanichts in eine andere Umlaufbahn.

Ja, ich weiß. Ich bin furchtbar. Und ich behaupte keineswegs, dass meine eigenen Geschichten nicht ebenfalls gespickt sind mit solchen unschönen Stolperfallen.

Aber wisst ihr was?

Mittlerweile gelingt es mir wieder immer öfter, mich von Geschichten gefangennehmen zu lassen. Und das wiederum motiviert mich auch selbst vermehrt zum Schreiben.

Theoretisch.

Praktisch fehlt mir die Muse.

Ihr Kinderlosen, bitte unterschätzt nicht die Anstrengungen, die Homeschooling und parallele Betreuung eines Nochkindergartenkindes mit sich bringen. 

Bei aller Liebe – und ihr wisst, die Liebe ist für mich etwas, das immer Sinn macht – auf Dauer ist das schon echt eine Herausforderung.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass unser gemeinsames Mutter-Kind-Gemeinschaftsprojekt, Seifenblasen zu Eis werden zu lassen – eine Anregung seitens des Kindergartens – leider zum Scheitern verurteilt war. Dennoch hat es Spaß gemacht, Seifenblasen in den Schnee zu pusten. Und es ist so herrlich sinnbefreit. 

Wobei das daraus resultierende herzliche Kinderlachen wiederum unendlich sinnvoll ist.

Auch Stricken mag dem ein oder anderen als stupide und spießig erscheinen. Aber gerade diejenigen, welche das Spießertum aufs Schärfste verurteilen, sind oft selbst die größten Spießer.

Ich jedenfalls liebe das Klappern der Nadeln, die Haptik der Wolle, die schönen Farben, die meditative Monotonie und das Wissen, dass daraus etwas Eigenes entsteht, an dem ich mich hoffentlich lang (er)wärmen kann. Im Gegensatz zum Schreiben, reichen hier aber schon wenige Minuten aus, um voranzukommen.

Trotzdem ist für mich das Stricken weder das alte Schreiben noch das Schreiben das neue Stricken.

Nachtrag: Letzte Nacht habe ich trotz all des Feuers – im Moment wird es noch durch einen grippalen Infekt angeheizt, sehr gut geschlafen. Endlich mal wieder. Die Zeilen oben habe ich im Fieberdelirium verfasst. ; )

Inzwischen ist es aber abgeklungen.

Das Fieber.

Das Feuer ist noch da.