Auf unserer dreistündigen Tour über Feld und Hain sind das Ämmale, Chinook und ich gestern dem Mann mit den zwei Huskys begegnet.

Er wohnt im gleichen Ort wie wir. Seine Hunde sind inzwischen acht und zehn Jahre alt und er verfügt über einem reichen Erfahrungsschatz und großes Wissen zu den Nordischen. An Beidem lässt er mich glücklicherweise oft und geduldig teilhaben.

Viele Mythen und Klischees ranken sich um den Sibirischen Husky. Gute und fundierte Quellen, insbesondere Bücher, sind hingegen rar. Also greife ich gerne auf mündliche Überlieferungen zurück. ; ) Und persönliche Erfahrungen sind ohnehin von unschätzbarem Wert. 

Während wir uns unterhielten, haben die drei Hunde untereinander und mit meiner Zweitgeborenen gespielt.

Zwischendurch hat das Ämmale auf einem Baumstumpf verschnauft und die drei Huskys haben sich in einem dichten Kreis um sie herum niedergelassen.

Welch wunderschönes Bild! Meine Kamera hatte ich leider nicht dabei und das Handy wollte ich auch nicht zücken mitten im Gespräch. Solch ein Gebaren empfinde ich als höchst unhöflich. 

R., der „Huskymann“, erzählte mir, dass er seine beiden Huskys immer auf der Arbeit mit dabei hat. Und da er an einer Schule arbeitet, kann er auch viel vom täglichen Umgang der Hunde mit ganzen Horden von Kindern berichten.

Er bestätigte meine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen: Huskys verhalten sich Kindern gegenüber außergewöhnlich liebevoll, vorsichtig, gelassen und geduldig. Sie sind weder schreckhaft noch nervös. 

Die Nomaden in Sibirien hatten die „Ur-Huskys“ längst nicht nur für das Ziehen von Lasten eingesetzt. Den Hunden wurde unter anderem die Aufgabe zugeteilt, die Menschenkinder zu hüten, zu beschützen und sie zu wärmen. 

Kindern gegenüber sind Huskys also in der Tat lammfromm. Als Jäger aber sind sie gnadenlos.

Bei den Nomaden ging es ums nackte Überleben. Der Jagdtrieb der Huskys wurde nicht unterbunden – im Gegenteil: Er wurde gefördert. Die Hunde unterstützten die Menschen zum einen bei der Jagd. Zum anderen waren sie aber auch in der Lage, autark zu agieren und gegebenenfalls alleine zu überleben.

R.s Anekdoten lassen mir teils die Haare zu Berge stehen. Wenn sie die Gelegenheit dazu haben und nicht entsprechend interveniert wird, jagen Huskys nämlich wirklich alles: Von Mäusen, über Eichhörnchen, Hasen, Murmeltieren, Rehen bis hin zu Schafen. 

Der Jagdinstinkt dieser Hunde ist enorm. Und er lässt sich bei ihnen auch nicht auf den Spieltrieb umlenken.

Warum einem bunten Ball hinterherjagen? Kann man den essen? Nein? Dann macht das doch keinen Sinn.

Außer die Kinder oder Frauchen und Herrchen kriegen sich nicht nicht mehr ein vor Freude an dem ollen Spielzeug. Dann apportiert zumindest Chinook schon hin und wieder.  Uns zuliebe.

Die Mäuse lasse ich ihm. Dann klebt sein Blick auch mehr auf dem Boden in unmittelbarer Nähe statt in die Ferne zu schweifen. Anders als Katzen spielt er nicht mit seiner Beute. Er macht kurzen Prozess mit den Mäusen. Binnen Sekunden ist selbst eine gut genährte Maus verspeist. (Und ja, wir entwurmen ihn regelmäßig.)

Die Lust auf Enten habe ich ihm aber fürs Erste und vielleicht sogar für immer genommen: Durch unseren Ort fließt ein Bach. Und in diesem Bach schwimmen Enten.

Letztes Jahr hat er an der langen Leine mal einen solchen Satz in Richtung eines Entenpaars gemacht, dass er mich fast in den Bach mit hineingezogen hätte.

Reflexartig habe ich ihn so derbe zurück gerissen, dass er einen unfreiwilligen Rückwärtssalto machte. Obendrein war ich stinksauer. Und so wütend erlebt mich Chinook höchst selten, da ich gerade ihm gegenüber meist viel zu viel Nachsicht walten lasse.

Jedenfalls hat das gesessen. Seitdem hat er kein einziges Mal mehr versucht, eine Ente zu haschen. Aber man weiß nie.

Bis zum Frühjahr dieses Jahres hatte ich ihn auch viel im Freilauf. Und das hat er wunderbar gemeistert. So gut wie nie hat er sich weit entfernt und wenn doch, hat er sich problemlos zurückrufen lassen.

Es sei denn, ein Hase lag im Gras oder eine Fährte in der Luft.

Einmal ist er einem Hasen hinterher und ein weiteres Mal in den Wald abgerauscht.

Er kehrte aber beide Male nach kurzer Zeit und zum Glück unverrichteter Dinge zurück und sobald der Schreck nicht mehr ganz so tief saß, habe ich ihn doch wieder in den Freilauf gelassen.

Zurück kommt er immer – dessen bin ich mir gewiss. Das ist nicht das Problem. Zudem verfügt er über einen ausgesprochen guten Orientierungssinn. Irgendwer sagte einmal, ein Husky sei ein GPS auf vier Beinen und das ist eine sehr zutreffende Beschreibung.

Nein, das Problem ist, dass er durchaus eine reelle Chance hat, das Wild zu erwischen. Und selbst wenn es ihm nicht gelingt: Der Jäger dürfte ihn trotzdem schießen.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf hatte ich ihn fortan nur noch um die Mittagszeit frei laufen lassen. Schließlich sind Wildtiere dämmerungsaktiv. Nicht wahr.

Doch als er vor ein paar Monaten um ein Uhr Mittags ein Reh aufgestöbert hat und er auf den ersten hundert Metern so nah an ihm dran war, dass ich nur doch denken konnte ‚Jetzt hat er es gleich‘ und ‚leider ist das keine Naturdoku im Fernsehen, auch wenn es so aussieht‘, war der Freilauf danach komplett gestorben.

Der Schock war zu groß und vielleicht habe ich den auch gebraucht. Weder will ich meinen Hund verlieren, noch miterleben, wie er ein Reh reißt.

Unter anderem deshalb nutze ich jetzt – wie im Video zu sehen – auch eine richtige Schleppleine mit 20m Länge, trainiere aber trotzdem weiterhin und unermüdlich den Abruf auch in brenzligen Situationen. Gerade auch hierfür ist eine Schleppleine wunderbar geeignet.

Beim Spiel mit anderen Hunden lasse ich ihn schon von der Leine, doch sobald seine Kreise größer werden, rufe ich ihn ab. 

Ja, dies ist der einzige Wermutstropfen bei der ganzen Sache. 

Schon irgendwie paradox. 

Schließlich schätze ich seine Unabhängigkeit, seinen Stolz, das Wilde und Furchtlose ebenso an ihm wie sein starkes Kuschelbedürfnis und seine fürsorgliche, geduldige und liebevolle Art.

„Du hast doch nur einen Husky, weil er so schön ist!“ 

Wenn damit sein schönes Wesen gemeint ist, stimme ich zu. 

Warum sehen wir den Husky denn als solch ein schönes Tier an? Doch nicht zuletzt deshalb, weil er eine frappante  – nicht nur äußerliche – Ähnlichkeit mit dem Urvater aller Hunde aufweist und daher etwas sehr Ursprüngliches und Natürliches verkörpert. Und ist es nicht einzig die Natur, welche wahre Schönheit hervorbringt? Ich hoffe, ich habe jetzt nicht versehentlich Goethe zitiert. Aber ich glaube, er hat sich ein wenig anders ausgedrückt.

Für uns ist er der perfekte Hund. Jagdtrieb hin oder her. Und wer weiß? Gerade in diesen unsteten Zeiten möchte ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass uns das nicht irgendwann mal noch von Nutzen sein könnte.

Wir lassen ihn übrigens nur äußerst selten springen. Mir ist bewusst, dass das für Hüfte und Gelenke keine Wohltat ist. Im Video war das auch nicht direkt Absicht. Doch sobald wir Futter werfen, springt er häufig, um es zu fangen. Auch wenn er einfach nur sitzenbleiben und das Maul aufsperren könnte.

Bis wir unser erstes offizielles Video hochladen, wird es nach wie vor noch ein wenig dauern, auch wenn die Vorbereitungen dafür im Gange sind. Bis dahin belästige ich euch mit dem ein oder anderen Short.

Die Hintergrundsmusik ist diesmal nicht „selbstgemacht“. Sie stammt von der Plattform Epidemic Sound. Das Stück trägt den Titel „Bridges“ und ist von Volcan Peaks. 

Vielen Dank an die lieben Menschen, die uns abonniert und mit Likes beglückt haben! Um wen es sich im Einzelnen dabei handelt, bekomme ich allerdings nicht mit. Es sei denn, derjenige informiert uns darüber. Wie ja teils geschehen. In diesem Fall kann ich mich dann auch persönlich bedanken.