Mein Wolkenkuckucksheim liegt nicht im Verborgenen. Es gibt eine Leiter. Sie gaukelt eine gewisse Bodenhaftung zumindest vor. Außerdem gibt sie interessierten Mitmenschen die Möglichkeit, sich in meinem Luftschloss umzusehen. Manch einer versucht jedoch, klammheimlich an der Leiter zu sägen. In der Hoffnung, mir den Aufstieg zu verwehren und die vermeintliche Utopie zum Platzen zu bringen. In solchen Momenten frage ich mich, warum ich die Leiter nicht ein für allemal umwerfe. Ich brauche sie nicht. Ebenso wenig wie all jene, die wie ich, den Kopf zumindest zeitweise in den Wolken haben.
Monat: Juni 2016
Manchmal hat das Schicksal einen seltsamen Sinn für Humor und keinen für Gerechtigkeit.
Manchmal berühren sich Himmel und Hölle.
Manchmal passiert etwas, das eigenen Problemen das Gewicht und kleinen Freuden die Unschuld nimmt.
Manchmal ist das Mitgefühl so groß, dass sich das Selbst zeitweise auflöst.
Glücklich sind jene, die an die Unsterblichkeit glauben.
Was macht Ihr, wenn die Kinder rumschnupfen, der Gatte bereits mit fieser Männergrippe flachliegt und Ihr auf keinen Fall auch noch krank werden wollt?
Ihr flieht vor den Viren innerhalb der geschlossenen vier Wände und legt es direkt darauf an, in einen Wolkenbruch zu kommen. Um dann erstaunt festzustellen, dass Schuhe innerhalb weniger Sekunden so voller Wasser laufen können, dass es bei jedem Schritt lustig schwappt und knatscht. Richtig?
Zwischen Wahn und Sinn
»Elena, wo willst du mit meiner Orchidee hin?«
»Esmeralda braucht sie.«
Priska legt einen beherzten Sprint ein, doch das Kind ist bereits durch die Tür entschwunden. Den Blumentopf mit der hochsensiblen Miltonia moreliana unterm Arm. Die Pflanze war ein Geschenk gewesen. Prikas Qualitäten als Blumenflüsterin sind nur rudimentär ausgeprägt. Dennoch hatte sie sich sofort in die Orchidee mit den zart lila Blüten und dem anspruchsvollen Pflegebedürfnis verliebt. Tatsächlich schaffte es die fragile Schönheit, in Priskas Obhut zu überleben und zu sogar zu blühen. Bis jetzt.
Kaum hat Priska die Tür erreicht, fällt diese mit Schwung ins Schloss. In der Luft schwebt ein glockenhelles Kinderlachen. Ein leichter Luftzug streift kühl ihre Wange. Sie verschränkt fröstelnd die Arme. Wie hatte sie bloß Elenas glucksendes Gekicher mit dem Lachen des Geistermädchens verwechseln können. Nur scheinbar schwerelos ist es. Weht aus einem anderen Jahrhundert zu ihr hinüber und trägt des Todes Odem mit sich. Weitaus verstörender als das wächserne Gesicht auf der Fotografie.
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