Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Monat: April 2016

Tagesnotizen #8: Hexenfeuer

Vollmundig habe ich überall verkündet, das Ämmale sei jetzt abgestillt. Seit sieben Tagen ist das tatsächlich der Status quo.  Der Antibiotikumhammer wäre laut Embryotox sogar mit dem Stillen vereinbar gewesen, nicht aber die Codeintropfen. In den 15 Monaten,  die sie auf dieser Erde weilt, hat meine Zweitgeborene schon so manche medikamentöse Gewalttour mit mir durchlebt, aber ein Opiat wollte ich ihr nun wirklich nicht antun.

Das Codein habe ich allerdings nur zwei Tage gebraucht. Eventuelle Rückstände sind längst abgebaut. Und die Antibiotikumkur ist nun auch beendet. Heute morgen habe ich die letzte Tablette eingeworfen.

Und jetzt sitzt mir so ein hirnverbranntes Teufelchen auf der Schulter, das mir beschwörend ins Ohr flüstert. Es meint, dass ich doch Relaktieren könnte. Nach einer Woche stehen die Chancen noch nicht allzu schlecht. Aber das wäre absolut idiotisch. Das Abstillen lief völlig problemlos.  Sowohl meine Brust, als auch die Gier des Ämmale betreffend.  Keinerlei Schmerzen, kein Milchstau, keine Knoten. Die paar Schlucke, die meine Kleine noch getrunken hat, wurden von meinem Körper offensichtlich stillschweigend absorbiert.  Das Ämmale selbst hat mit flehendem Blick zweimal auf das Stillkissen gedeutet und danach versucht, sich unter meinen Pulli zu graben, aber dann akzeptierte sie ohne Murren, dass die mütterliche Milchbar fortan geschlossen ist. Zwar waren wir wohl beide emotional noch nicht ganz soweit, aber wann ist man das schon. Es wäre also bescheuert, wieder anzufangen. Auch unter dem Aspekt, dass mir das Abstillen medikamentös ganz andere Möglichkeiten eröffnet und ich jetzt echt mal zusehen muss, dass ich aus diesem dauerkranken Zustand herauskomme. Mein Körper sollte sich nun eigentlich wieder auf sich und seine Regeneration konzentrieren dürfen. Außerdem ist das Ämmale kein kleines Baby mehr, sondern ein Miniterminator mit der Durchschlagskraft einer Kanonenkugel. Dennoch kann ich nicht dafür garantieren, dass ich sie nicht doch wieder anlege. Sofern sie das will.

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Tagesnotizen #7: Wie Anosmie sich anfühlt

Die noch schlaftrunkenen Kinder in den Arm nehmen. Tief einatmen und trotzdem den Duft ihrer Haare und ihrer Haut nicht wahrnehmen.

Morgenhygiene: Keine Zahnpasta schmecken. Keine Lotion und kein Deo riechen.

In die Küche kommen und das Aroma von frisch gebrühtem Kaffee vermissen.

Mit einem kleinen Hoffnungsschimmer die Dose mit den gemahlenen Nelken aus dem Regal nehmen.  Mein persönliches Barometer für die Ausprägung der Anosmie. Nichts.

Das Ämmale nach der Uhr wickeln und zwischendurch immer wieder in den Windel lugen, weil auch Gestank meine Riechzellen nicht erreicht.

In den herrlichen Frühlingstag, der draußen lacht, hineintauchen und den verlockenden Düften nachgeben, sie förmlich inhalieren wollen. Und rein gar nichts davon wahrnehmen.

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Tagesnotizen #6: Die Haube

Sie ist schon etwas abgetragen.

Die rosa Streublümchen ausgeblichen.

Der weiche Bund ausgeleiert.

Wir haben die Haube bereits gebraucht erstanden. Aus einem Berg rosa Babyklamotten, das Stück zu 1,50 Euro, fischte ich sie heraus und war sofort verliebt.

Irgendwie hatte sie Charakter, diese nostalgisch, etwas altmodisch anmutende Kappe. Vintage. Und obwohl meine Kinder noch nicht einmal geboren waren, wusste ich bereits, dass diese Haube ihrer würdig sein und ihnen wie angegossen passen würde.

Es ist unglaublich, wie oft ich auf dieses Käppchen angesprochen wurde. Doch nicht einmal ich selbst bin in den Weiten des Internets und anderswo je auf ein vergleichbares Exemplar gestoßen. Was mich zeitweise fast mit Panik erfüllte. Als nämlich eines der beiden Bänder sich allmählich in seine Bestandteile zu zerlegen drohte.

Doch sie ist robust, die kleine Haube. Das linke Bild mit meinem Ämmale stammt vom heutigen Tag.

Sie hat für mich wahrscheinlich einen ähnlichen Stellenwert wie für meine Kinder ein heissgeliebtes Kuscheltier.

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Tagesnotizen #5: Aus dem Tritt

Oft fühle ich mich getrieben. Von meinem Umfeld, meinen Kindern, den Alltagsverpflichtungen. In den raren lichten Momenten erkenne ich, dass die größte treibende Kraft ich selbst bin.

Dann bremse ich mit quietschenden Reifen und kapituliere einfach.  Vor einem Programm,  dem ich mich manchmal nicht gewachsen fühle.  Diejenigen, welche mir auf mehr oder weniger subtile Art und Weise ihre Erwartungshaltung aufpfropfen, müssen mir egal sein. Andere mögen ein unsichtbares Supermom-Cape tragen.  Ich hingegen bevorzuge schlabbrige Kapuzenshirts.

Aber Abgrenzung war noch nie meine Stärke.

Mit Erziehungstipps wird nicht gespart.  „Sie hätten die Kleine einfach an einen Laufstall gewöhnen müssen. Dann wäre Ruhe. Aber jetzt ist es natürlich zu spät.“  Bei dem Gedanken, mein bewegungsfreudiges Ämmale auf 1×1 Meter einzupferchen, rollen sich mir nicht nur die Zehennägel hoch. Ein Generationenkonflikt. Früher mussten die Kinder nebenher laufen und der Veitstanz, den Eltern heute um ihren Nachwuchs herum veranstalten, kann nur ungesund sein.

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Tagesnotizen #4

Das Geräusch der Wellen, wie sie leise ans Ufer schwappen. Beruhigende Monotonie.

Der Holzsteg von der Sonne vorgewärmt. Beine, die über klarem Wasser baumeln, auf dem, sich neckend, Licht und Schatten tanzen und schillernde Regenbogen malen.

Kinderlachen. Kleine Steine springen leichtfüßig. Ziehen elegante Kreise. Große Steine plumpsen geradewegs dem Grund entgegen. Erzeugen dabei glitzernde Fontänen.

Die Schreie der Möwen.

Die frische Brise.  Ein Hauch von Freiheit.

Weite, wenn auch endlich.

Die Sehnsucht nach dem Meer nicht stillend, aber lindernd.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 8

Das Mädchen

Vorsichtig stellt Luis die bis zum Rand mit dampfendem Milchkaffee gefüllte Tasse neben Priskas Notebook ab. Sein Blick heftet sich auf den Monitor. »Du denkst also tatsächlich, dass das die Erklärung für deine nächtlichen Panikattacken ist?« Der Ausdruck in seinen Augen ist schwer zu deuten. Vermutlich ist er spätestens jetzt davon überzeugt, dass seine Frau nicht mehr alle Latten am Zaun hat.

Priska seufzt und nippt am heißen Milchschaum. Luis hat es nicht versäumt, den Kaffee mit etwas Karamellsirup zu verfeinern. Ein Hauch von Behaglichkeit legt sich über ihre ungemütlichen Gedanken. »Wir haben doch ausgiebig über meinen Traum von letzter Nacht gesprochen?«

Luis Miene verfinstert sich. »Dass Träume Beweischarakter haben, ist mir neu. Wenn dem so wäre, könnten wir diese Unterhaltung gar nicht führen. Denn dann hätten mich schon vor langer Zeit die schrumpeligen, grauen Männchen, die mir nachts hin und wieder begegnen, auf einen Planeten namens Numidos entführt und Hackfleisch aus mir gemacht.«

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