Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Monat: März 2016

Tagesnotizen #3 und neues Zentangle

„Wie heißt die Prinzessin?“

Ich bin ratlos: „Welche?“

Das Eiliensche schnaubt ungehalten durch ihre frischgeföhnten Haare, die einem seidenen Vorhang gleich ihr Gesicht verdecken.  „Die mit dem orangen Kleid. Blau ist auch mit dabei. Sie hat auch keine Windel mehr. Und so Haare wie ich. Nur schwarz.“

Fieberhaft gehe ich alle mir bekannten Märchen im Geiste durch. Die üblichen Verdächtigen scheiden offensichtlich aus. „Ist sie so alt wie Du?“, wage ich einen weiteren Vorstoß.

„Ein bisschen größer. Und sie wird noch größer.“

„Dornröschen wird zuerst als Kind gezeigt. Rapunzel auch…“ Ich überlege laut und ziehe damit die Entrüstung meiner Erstgeborenen auf mich: „Die haben doch keine schwarzen Haare!“

„Schneewittchen?“

„Nein! Mensch, Mama! Du kennst die.“ Das Eiliensche wird immer ungeduldiger. Die Stimmung droht endgültig zu kippen.

„Es hilft alles nichts, mein Schatz. Du musst mir noch etwas mehr erzählen. Sprichst Du von einem Film oder von einem Buch?“

„Von einem Film.“

„Kannst Du mir den nachher zeigen?“

„Nein. Ich weiß nicht, wie die Verpackung aussieht.“ Die verzweifelte Anstrengung, mit der meine Tochter die Identität der geheimnisvollen Prinzessin zu lüften versucht, rührt mein Herz.

„Was macht sie denn in dem Film?“

„Sie macht die Puppen kaputt.“ Hoppla, das ist aber gar nicht ladylike. Scheint ein Märchen mit einem eigenwillig-innovativen Ansatz zu sein.  Aber ich komm einfach nicht drauf.

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Tagesnotizen #2

Sie knarzt, sie ist alt und sie wird mit jeder Besteigung länger und steiler. Ein unscheinbarer Bestandteil unseres Hauses, dessen Folterqualitäten ich lange massiv unterschätzt hatte. Bis zu dem Zeitpunkt, da ich zum ersten Mal hochschwanger war und genauso gut am Fuß des Mount Everest hätte stehen können . Diese Treppe habe ich schon auf vielerlei Arten bezwungen. Laufend, springend, humpelnd und kriechend.  Jetzt, wo ich krank bin, was bei mir inzwischen schon beinahe der Normalzustand ist, überlege ich ernsthaft, ob wir die Schlafquartiere nicht ins Erdgeschoss verlegen sollten.  Ich weiß ehrlich nicht, wie oft ich in den vergangenen achtundvierzig Stunden kurz vor einem Kreislaufkollaps stand.

Das Ämmale bekommt sechs Zähne auf einmal und am Eiliensche ist die Erkältungswelle offensichtlich doch nicht ganz spurlos vorbeigegangen. Heute Nacht wurde sie von solch heftigen Hustenattacken gequält, dass die letzten beiden Mahlzeiten spontan den Rückwärtsgang einlegten.

Ich schwächelte derart, dass ich es nicht einmal schaffte, das Laken ordentlich um die Matratze zu spannen. M. eilte zu Hilfe und damit war auch das Ämmale endgültig wach.

Im Schlafsack saß unser Fast-Noch-Baby mit glühenden Backen und leuchtenden Augen auf dem Kuschelteppich im Zimmer seiner Schwester und schaute mit ihr zusammen ein Bilderbuch an, während die übernächtigten Eltern ächzend und mit Schweißfilm auf der Stirn, aber in vollendeter Eintracht, Erbrochenes beseitigten und das Bett neu bezogen. Ein Idyll, an das ich mich ewig erinnern werde. Und das ist nicht ironisch gemeint.

Als ich das Eiliensche anschließend in den Schlaf begleitete und ihre kleine, weiche Hand in meiner hielt, dachte ich, dass meine Große mit ihren drei Jahren doch eigentlich noch sehr klein und schutzbedürftig ist. Immer, wenn mich die Liebe zu meinen Kindern mit solcher Wucht überrollt,  folgt leider eine nicht minder beachtliche Angstwelle direkt hinterher. Nicht alle Probleme lassen sich mit einer frischen Garnitur Frozen-Bettwäsche und einer streichelnden Hand beheben.

Gerade an diesem heutigen Tag, der geprägt ist von den bestürzenden Ereignissen im Nachbarland, nagt die Sorge beharrlich am Mutterherz.

Auch schokobraune Rehaugen und dunkelblonde Engelslocken können mit abgebrühter Raffinesse einher gehen, insbesondere, wenn es um ungeliebte Tätigkeiten und Vermeidungsstrategien geht.

„Du kannst Dornröschen (zum dritten Mal innerhalb von fünf Tagen) anschauen, wenn Du die DVD findest. Die hast Du verschlampt.“

Das Eiliensche nickt ernst und verständig. Das personifizierte Pflichtbewusstsein.

Zwei Sekunden später – Töchterlein wähnt mich außer Hörweite: „Papa?! Du musst Dornröschen suchen.“

Wenn es ums Delegieren geht, kann sie mir durchaus zum Vorbild gereichen.

Was gibt es sonst noch an aktuellen Banalitäten aus dem Hause Federfarbenfee?

Mit Unterbrechungen lebe ich seit über dreissig Jahren hier und erst jetzt habe ich herausgefunden, dass ich die Schmutzwäsche vom ersten Stock direkt in den Keller hinunterwerfen kann. Zwischen den Stufen sind keine Verbindungsplatten. Tückisch, aber in diesem Fall auch praktisch.  Damit hat die Treppenhorrorstory doch noch ein Happy End. Vorerst.

Playmobilzubehör: Sie sind für das Ämmale ein gefundenes Fressen – im wahrsten Wortsinne. Morgen wird sie vierzehn Monate und ein Ende der oralen Phase ist noch nicht in Sicht. Verständlicherweise hat das Eiliensche aber inzwischen keine Lust mehr, mit einem Puppenhaus zu spielen, dem aus Sicherheitsgründen die Türen sowie die komplette Einrichtung fehlen. Das Ämmale hat uns eindrucksvoll bewiesen, dass auch augenscheinlich kindersichere, da größere Objekte rasend schnell in mikroskopisch kleine Einzelteile zerlegt werden können.

Das Zimmer des Eiliensche befindet sich im ersten Stock. Dort hält sie sich aber nur zum Schlafen auf. Grundsätzlich will sie ausschließlich in meiner direkten Umgebung spielen.  Diese befindet sich aber automatisch im Einzugsbereich des alles verschlingenden Ämmale. Was also soll ich machen? Ich kann meiner Zweitgeborenen ja nicht alle zwei Sekunden eine Miniaturtasse oder eine halbe Playmobilschrankwand aus dem Mund puhlen.

So, Schluß.  Das Eiliensche klingt, als hätte es einen Alptraum. Wahrscheinlich träumt sie davon, wie das Ämmale sich durch ihre heißgeliebte Playmobil-Kita frisst.

Treppe, ich komme.

Tagesnotizen #1

Rollschuhlaufen auf Buntstiften ist eine ganz neue Erfahrung. Ebenso wie die Erkenntnis, dass Einjährige durchaus zur Schadenfreude fähig sind.

Seit heute hat das Ämmale außerdem einen Narren daran gefressen,  bei jeder Gelegenheit wild zu winken und dabei enthusiastisch „Schüsssss“ zu rufen. Ungeachtet dessen, ob der Besuch gerade kommt oder geht.

Das Sofa zu erklimmen ist nun auch ein Leichtes. Der Abstieg gestaltet sich dagegen bisweilen noch etwas unsanft und willkürlich.

Pünktlich zum Start der neuen Woche haben es die fiesen Viren jetzt doch noch geschafft, meinen Körper zu erobern. Passender hätte das Timing nicht sein können. Schließlich war mein Mann jetzt eine Woche krank geschrieben und muss morgen wieder ins Büro. Nicht zum ersten Mal werde ich also in diesem desolaten Zustand alleine mit meinen Töchtern sein. Fiebrige Mutter plus zwei vor Kraft strotzende, sich bester Gesundheit erfreuender Kleinkinder – das ergibt eine fatale Kombination. Immerhin ist es kein Magen-Darm-Infekt. (Moment, ich muss dreimal auf Holz klopfen. ) Ich weiß noch, wie ich auf der Toilette darüber nachgrübelte, ob das Intervall bis zur nächsten Dünnpfiffattacke ausreichen würde, um schnell ans Bett des schreienden Babys und mit ihm im Arm rechtzeitig zurück auf das stille Örtchen zu hechten.

Zumindest habe ich gestern den Frühling gerochen und die von Emotionen geschwängerten Düfte ausgiebig genossen.  Denn heute schon rieche ich nicht einmal mehr die verbrannte Milch auf der Herdplatte.  Die gefühlt 101.000. Nebenhöhlenentzündung seit Geburt meines Ämmale.

Überwältigt bin ich vom positiven Feedback, das mich zu meinem Blogroman erreicht.  Motivierende Worte, die mich beflügeln. Am liebsten würde ich die ganze Nacht schreiben. (Tagsüber schon auch, doch da öffnet sich nie ein entsprechend großes Fenster. ) Aber sobald ich vollends in meine fiktive Welt abgetaucht bin, lassen mich die (Mutter)Pflichten bereits wieder panisch zurück an die Oberfläche rudern. Oft gibt es Zwangspausen. Und nach längerer Schreibabstinenz muss ich jedes Mal wieder warm werden mit Protagonisten und Geschichte. So ähnlich, als würde man einen alten Freund nach Jahren wieder treffen.  Die erste halbe Stunde rühren beide verkrampft in ihrem Cappuccino und hangeln sich von einem konstruierten Satz zum nächsten. Nach einiger Zeit jedoch wird das Gespräch zum Selbstläufer. Und gerade dann, wenn es am schönsten ist, müssen sich die erneut Vertrauten wieder trennen.

Diese Tagesnotizen sind ein Versuch.  Ein paar kurze Zeilen, versehen mit einem Foto und/oder kleinem Zentangle vom gleichen Tag.  Sie werden häufiger erscheinen als meine sporadischen Mammutposts. Wie oft, vermag ich jedoch nicht zu sagen. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob es dieser Eintrag heute noch online schafft. Ich bin gerade dabei, mein Mini-Doodle fertigzustellen. Das Tangeln hilft mir beim Runterfahren. Dies wiederum wäre ein willkommenes Thema für einen weiteren Mammutpost.

Die Schokoladenseite

Hartkekse und Bitterschokolade . Die Lieblingssüßigkeiten meiner Kindheit. Obwohl sie ihrem Namen jeweils alle Ehre machten. Sie hielten sich versteckt in den ehemaligen Bundeswehrproviantpaketen, von denen mein Vater eine große Anzahl im Vorratskeller hortete. Woher er sie hatte, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Schon zum damaligen Zeitpunkt war der Inhalt dieser schmucklosen grauen Schachteln geschätzte 100 Jahre alt.  Doch die Dauerwaren trugen ihren Namen völlig zurecht und würden wohl auch heute nicht anders schmecken als in den späten Achtzigern.

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Feen aus Filz- und Märchenwolle

Heute ausnahmsweise eine textarme, aber dafür bilderreiche Bastelanregung für alle (verkappten) Feen und Liebhaber der magischen Zauberwesen.  Auch kleine Hände sind schon in der Lage, diese duftigen Wollwesen zu fertigen und es geht wirklich flott. Ein unabdingbares Kriterium für eine ungeduldige Dreijährige, die darauf drängt, die Püppchen dem in ihren Augen einzig logischen Daseinszweck, dem Spiel, zuzuführen. Wobei die zarten Wollfeen als reine Deko eine weitaus höhere Lebenserwartung hätten.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 7

Antermoia

Der beschönigende Filter ist verschwunden. Und mit ihm all die lärmenden, lachenden Menschen – bunte Luftballons in der einen und ihre Kinder an der anderen Hand. Verflogen, der köstliche Duft von gebrannten Mandeln. Die Musik hat längst aufgehört zu spielen. Nur der Nebel ist geblieben und sogar noch dichter geworden. Priska sieht kaum mehr die Hand vor Augen.

Einzelne verwaiste Fahrgeschäfte tauchen, düsteren Skulpturen gleich, erst dann unvermittelt aus dem grauen Nichts an die sichtbare Oberfläche, wenn Priska schon fast mit ihnen kollidiert.

Wie eine fremdartige Kreatur aus einer anderen Welt reckt ihr der Krake seine Fangarme entgegen. Die Gondeln sind leer und doch hallen in Priskas Ohren die kreischenden Schreie vom vergangenen Tage nach.

»Wie lange willst Du da noch rumstehen und versuchen, Löcher in den Nebel zu starren«, hört sie auf einmal eine leise Stimme hinter sich. Sie klingt seltsam vertraut und zugleich so, als würde ihr Besitzer sich an einem fernab gelegenen Ort befinden und durch die Sprechmuschel eines altersschwachen Telefons mit ihr kommunizieren.

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Kartoffeliges

Tagesfazit: Zweckentfremdung kann bisweilen neue Horizonte eröffnen.

Sandformen erleichtern den Bau phantasievoller Schneeschlösser und Plätzchenformen lassen eine schrumpelige Kartoffel, die ihre besten Tage bereits hinter sich hat, zu einem schicken Stempel werden.

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