Von jung und angejahrt in Wort und Bild

Monat: Dezember 2015

Vernebelt

Goethes „Erlkönig“ ist eines dieser Gedichte, die mich schon als kleines Mädchen in ihren Bann gezogen und nie wieder losgelassen haben. Gleichwohl, wie oft dieses Gedicht in den vergangenen Jahrhunderten rezitiert und teils auch verhunzt wurde, ist seine magische Wirkung auf mich nie verblasst.  Sie ist derart intensiv, dass ich es nicht wage, die Worte hier niederzuschreiben. Nicht nur, wenn der Nebel aufzieht, muss ich an diese furchteinflößende, gespenstische Gestalt des Elfenkönigs und an den armen Knaben denken, der in des Vaters Armen hätte sicher und geborgen sein müssen und es doch nicht war.

Als ich vor einigen Tagen mit M., meinen Kindern und Eltern – das klingt irgendwie eigenartig, als wären wir in Heerscharen unterwegs gewesen,  in der Einöde nahe ihres Gehöfts spazieren ging, stellte ich mir zum wiederholten Male die Frage, warum diese Ballade mich nach wie vor im Innersten berührt.  Um uns herum waberte der Nebel. Bäume und Sträucher erschienen aus dem Nichts und streckten ihre dürren Arme nach uns aus. Ja, selbst der mobile Schießstand des Jägers verwandelte sich in eine dunkle, rätselhafte Kreatur. Eine schaurig-schöne Atmosphäre, welcher jedoch nichts Bedrohliches anhaftete. Wahrscheinlich, weil wir uns, umgeben von unseren Lieben, behütet fühlten.

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Der Blogroman bekommt ein Gesicht

Dies wird eher eine technische Notiz denn ein emotionsgeladener Tagebucheintrag. Als Ausgleich folgt im nächsten (,morgigen) Post ein eben solcher.

Kapitel 4 allerdings wird noch ein paar Tage auf sich warten lassen.  Der Wille ist stark, aber die Kinder sind stärker.

Da meine ureigene Natur eine eher chaotische ist, bin ich erst sehr spät auf den Trichter gekommen, dass es für die Leser meines Blogs und/oder auch nur meines Romans nicht gerade komfortabel sein kann, wenn sie sich die wild verstreuten Kapitel einzeln zusammensuchen müssen. Zudem birgt es für Neueinsteiger eine gewisse Spoilergefahr, wenn sie unwillentlich und ohne Vorwarnung sofort mit dem neuesten Kapitel konfrontiert werden.

Daher habe ich nun im Hauptmenü unter „Geschriebenes“ die Kategorie „Blogroman“ und dort wiederum den Punkt „Kapitelübersicht“ angelegt.  Dieses Inhaltsverzeichnis ist mit bisher 3 Kapiteln noch nicht sonderlich umfangreich, aber das wird sich (hoffentlich) bald ändern.

In der Sidebar auf der rechten Seite gelangt Ihr durch einen Klick auf das Bild mit dem Schriftzug „Am Anfang war Lila“ ebenfalls direkt zur Kapitelübersicht.

Die einzelnen Kapitel werden dennoch weiterhin in der aktuellen Beitragsübersicht zu finden sein, da es tatsächlich auch Leute geben soll, die jeden meiner Einträge verfolgen und die es begrüßen, alle neuen Posts auf einen Blick erkennen zu können. Ich werde jedoch unter das Titelbild ab sofort einen Link zum Inhaltsverzeichnis setzen und den Text erst nach dem „Weiterlesen-Tag“ starten lassen. Es ist also nahezu unmöglich, unabsichtlich in ein neues Kapitel hineinzustolpern.

Wie Ihr sehen könnt, habe ich nun ausserdem ein Titelbild für den Roman erstellt. Für den ein oder anderen mag es gewöhnungsbedürftig erscheinen. Ich bin mir selbst noch nicht so ganz im Klaren darüber, ob ich diese Zeichnung mag und ob sie der Geschichte gerecht wird. Einstweilen habe ich aber meinen Frieden mit diesem – nennen wir es – „Arbeitscover“ geschlossen. Als Erkennungszeichen ist es in jedem Falle ausreichend, denke ich.

Am Anfang war Lila: Kapitel 3

Das alte Haus

Ranieri ist am Leben. Lachend kämpfen sie sich fernab des ausgetretenen Wanderweges durch das dichte Geäst und können die nahe Lichtung bereits erahnen. Der Endorphinrausch verleiht Priska ungeahnte Kräfte. Geschmeidig wie ein Panther erklimmt sie die teils mannshohen Felsbrocken, die von Riesenhand auf dem weichen, von Fichtennadeln übersäten Waldboden versprengt worden zu sein scheinen. Ranieri ist ihr dicht auf den Fersen. Sie spürt seinen warmen Atem in ihrem Nacken. Priska befindet sich in jenem prickelnden Schwebezustand sehnsüchtiger und bangender Vorfreude, den sie so lange wie möglich auszukosten beabsichtigt. Sobald der Zauber der ersten Nacht vorüber wäre, würden flüchtige Berührungen nur mehr eine angenehme und geborgene Wärme erzeugen, sich treffende Fingerspitzen keine explosiven Funken mehr schlagen, heiß-kalte Wechselbäder bei verstohlenen Blicken ausbleiben. Ein uraltes Spiel, dessen Ausgang zwar vorgezeichnet ist, das aber in diesem Stadium noch vom Hauch des Ungewissen umweht wird. Ein rares Lebenselixier, das nicht verschwendet werden darf.

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Kindliche Vorfreude & erste Verliebtheit

Wisst Ihr noch, wie es sich anfühlt, wenn Fingerkuppen sich sachte berühren und dabei Funken schlagen, die selbst noch die äußerste Spitze des kleinen Zehs durchdringen?

Wisst Ihr noch, wie es sich anfühlt, wenn weiche Lippen aufeinandertreffen und tief im Inneren einen Wirbelsturm aus orientierungslos herumtaumelnden Schmetterlingen erzeugen, die mit ihren abertausend Flügelschlägen jede einzelne Körperzelle zum Vibrieren bringen?

Wisst Ihr noch, wie es sich anfühlt, wenn der geliebte Mensch einem tief in die Augen schaut und man selbst nur noch aus einem Riesenhaufen Zuckerwatte zu bestehen scheint?

Gerade tauche ich ein, in das 3. Kapitel. Und ich genieße es, diese Gefühle, deren Flüchtigkeit nur frisch Verliebte nicht als solche wahrnehmen, wieder erwecken zu können.

Für die Dauer dieses Moments sind die geschwollene Lymphknoten, der schmerzende Hals und die vereiterten Nebenhöhlen vergessen. Anstelle von lodernden Herzen bin ich von Taschentuchbergen umgeben. Dennoch glühen meine Wangen nicht nur vom Fieber.

In jener Sternennacht, von der ich im letzten Beitrag schrieb, verspürte ich einen Anflug dieser wundervoll intensiven Emotionen, die durchaus noch irgendwo in mir rumoren und einen Teil von mir nicht altern lassen.

Als ich heute die leuchtenden Augen meines Eiliensche sah, als sie die Gaben entdeckte, welche der Nikolaus ihr vor die Tür gelegt hatte, da kam mir kurz in den Sinn, dass diese kindliche, unverderbt-arglose Vorfreude einer jungen Liebe doch sehr ähnelt.  Die Kinder sind sich der Verletzlichkeit ihrer Seelen noch nicht bewusst. Umso offener und verwundbarer sind sie. Vorbehaltlos stürzen sie sich in ihre Freude. Genießen uneingeschränkt und ungebremst und ohne auch nur einen Gedanken an mögliche Konsequenzen zu verschwenden. Auf diese Weise sind sie in der Lage, sehr tief und innig zu empfinden.

Sich mit all seinen Sinnen verlieben – das kann auch nur derjenige, der das Kind  in sich ans Ruder lässt, sämtliche Bedenken und Zweifel über Board wirft und die Fahrt genießt, solange sie dauert.

Kinderzeichnungen und Alltagsgeplänkel

Da bin ich einmal in hundert Jahren ohne Kinder unterwegs. Es dauert einen Moment, bis ich vom „Alles-aus-dem-Weg-in-5min-hat-das-Baby-seine-Breze-zerhäckselt-und-das-Kleinkind-will-sein-Stuntfraupotential-an-supermarkteigenen-Requisiten-austesten“-Modus in eine etwas groovigere Gangart gewechselt habe. Dann aber genieße ich beinahe andächtig die Stille vor dem Joghurtregal und die Freiheit, mir tatsächlich vorher anzusehen, was ich kaufe,  ohne dass der eine kleine Wicht „Schau mal, Mami“-rufend mit dem größten Kinderhasser im ganzen Laden kollidiert und der andere, noch kleinere Wicht mir halbverdauten Brezenbrei  auf die Hand spuckt , während er bzw. sie fast einen Köpfer aus dem Einkaufswagen macht. Ich zelebriere sie förmlich, diese Dreiviertelstunde Auszeit, obgleich ich mir zum Seele baumeln lassen natürlich auch eine weitaus adäquatere Umgebung vorstellen könnte – wie etwa ein Fünf-Sterne-Wellnesshotel am Meer. Mein Handy brummt. Zunächst bin ich nicht gewillt, dem Störenfried meine Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht ist es aber ein SOS von meinem Mann, der noch eine Tafel Vollmilchschokolade mit ganzen Haselnüssen braucht, um den heutigen Abend zu überleben.  Es ist tatsächlich M. Via Whatsapp lässt er mir folgende, knapp aber präzise formulierte Botschaft zukommen: „Das Ämmale hat zwei Schritte gemacht.“ War ja klar: Kaum ist Muttern aus dem Haus, fängt das Kind zu laufen an. Und mindestens genauso logisch ist, dass sie seit ihren ersten Gehversuche quasi in Schockstarre verfallen ist.

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Am Anfang war Lila: Kapitel 2

Das Geschenk

Es war der Morgen nach Martini. Die güldenen Strahlen der aufgehenden Sonne tauchten die bleichen Bergspitzen in ein rötliches, verheißungsvolles Licht und erweckten König Laurins Rosengarten für kurze Zeit zum Leben. Johann war am Fuße dieses sagenumwobenen Felsmassivs aufgewachsen. Doch auch nach so vielen Jahren hatte der Anblick der glühenden Zacken nichts von seiner Magie verloren. Verzaubert hielt er den Atem an. Als die warme Luft schließlich aus Johanns Mund entwich, bildete sich eine weiße Dampfwolke. Es roch nach Schnee. Der Winter kam früh und ging spät in dieser vorletzten Dekade des ausklingenden 18. Jahrhunderts. Ein wenig willkommener Gast mit unzähligen Nöten im Gepäck. Von einer »kleinen Eiszeit« würde dereinst in den Geschichtsbüchern zu lesen sein.

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